Die Sozialistische Arbeiterinternationale (historische Schreibweise Sozialistische Arbeiter-Internationale, SAI, offiziell auch engl. Labour and Socialist International und frz. Internationale ouvrière socialiste) war die internationale Organisation der sozialistischen und sozialdemokratischen Parteien zwischen den Weltkriegen. Sie ging im Mai 1923 aus dem Zusammenschluss der reformistischen Londoner Internationale und der zentristischen Internationalen Arbeitsgemeinschaft Sozialistischer Parteien hervor. Sitz der SAI war zunächst London, ab 1925 Zürich und von 1935 bis 1940 Brüssel.

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  • Die Sozialistische Arbeiterinternationale (historische Schreibweise Sozialistische Arbeiter-Internationale, SAI, offiziell auch engl. Labour and Socialist International und frz. Internationale ouvrière socialiste) war die internationale Organisation der sozialistischen und sozialdemokratischen Parteien zwischen den Weltkriegen. Sie ging im Mai 1923 aus dem Zusammenschluss der reformistischen Londoner Internationale und der zentristischen Internationalen Arbeitsgemeinschaft Sozialistischer Parteien hervor. Sitz der SAI war zunächst London, ab 1925 Zürich und von 1935 bis 1940 Brüssel. Vorsitzende der SAI-Exekutive waren nacheinander Arthur Henderson (1923/24 und 1925–1929), Concemore Thomas Cramp (1924/25), Émile Vandervelde (1929–1935), Louis de Brouckère (1935–1939), Johan Willem Albarda (1939) und Camille Huysmans (1940). Der für die politische und organisatorische Arbeit der SAI verantwortliche Sekretär war von 1923 bis 1940 Friedrich Adler (bis 1925 zusammen mit Tom Shaw). Eng verbunden war die SAI mit dem Internationalen Gewerkschaftsbund (IGB) und der Sozialistischen Jugend-Internationale (SJI). Die einflussreichsten Parteien der SAI waren die britische Labour Party und – bis 1933 – die deutsche SPD, die auch die reformistische Ausrichtung der Organisation maßgeblich beeinflussten. Die SAI bezog sich in ihren Leitsätzen grundsätzlich positiv auf die liberal-parlamentarische Ordnung und stellte den Kampf um den „demokratischen Staat“ in den Mittelpunkt ihrer Programmatik. Die meisten Mitgliedsparteien übernahmen im Laufe der 1920er Jahre zudem das von Rudolf Hilferding entwickelte theoretische Konzept des „organisierten Kapitalismus“. Auf dem Höhepunkt ihres Masseneinflusses im Jahr 1928 waren der SAI 45 Parteien mit 6,6 Millionen Mitgliedern angeschlossen. Die Zerschlagung der deutschen und der österreichischen Arbeiterbewegung 1933/34 verschärfte die Auseinandersetzungen in der SAI, deren Selbstverständnis durch die politischen und ökonomischen Verwerfungen nach dem Einsetzen der Weltwirtschaftskrise ohnehin schwer erschüttert worden war. Der schon in den 1920er Jahren beginnende Siegeszug konservativ-autoritärer bzw. faschistischer Regime in Europa hatte die ausschließliche Festlegung auf parlamentarisch-legale Formen der politischen Arbeit bereits vor 1933 infrage gestellt. Die Zahl der illegalen Mitgliedsparteien nahm ständig zu. Vor diesem Hintergrund rückte das Verhältnis zu den kommunistischen Parteien bzw. zur Kommunistischen Internationale, die der SAI zwischen 1933 und 1939 wiederholt eine begrenzte Kooperation anbot, mehrfach in den Mittelpunkt der Debatte. Während das von der Labour Party und den Parteien der skandinavischen Länder geführte Lager jegliche Zusammenarbeit mit Kommunisten und illegale Kampfformen strikt ablehnte, sprachen sich vor allem die französischen, italienischen, spanischen und österreichischen Sozialisten für eine revolutionär-sozialistische Neuausrichtung der zum „Büro zum Registrieren von Sterbefällen“ (Pietro Nenni) herabgesunkenen SAI aus. Diese Gruppe konnte sich bei den Auseinandersetzungen, die im Sommer 1937 ihren Höhepunkt erreichten und die SAI mehrfach an den Rand der Spaltung brachten, jedoch nicht durchsetzen. Neben den beiden Hauptströmungen traten nach 1930 in einigen Mitgliedsparteien Gruppen auf, die – wie die französischen „Neosozialisten“ um Pierre Renaudel und Marcel Déat, der von Hendrik de Man geführte Flügel der belgischen POB und die Jaksch-Franzel-Gruppe in der DSAP – versuchten, eine nach rechts anschlussfähige Politik zu entwickeln. Die internen Auseinandersetzungen um politische und theoretische Grundfragen nach dem Münchner Abkommen leiteten die Phase der offenen Desintegration der SAI ein. Die tschechoslowakische Mitgliedspartei trat aus Protest aus der SAI aus, die Labour Party war zusammen mit den Parteien Belgiens, der Niederlande und Skandinaviens bemüht, alle Bezüge zum marxistischen Sozialismus aus der Programmatik der SAI zu entfernen und verbindliche internationale Absprachen für den Fall des als unabwendbar angesehenen Krieges zu verhindern. Diese Parteien versuchten 1939, die SAI durch Veränderungen des Organisationsstatuts und die Entmachtung Friedrich Adlers vollständig unter Kontrolle zu bringen und zu einem reinen Informationsbüro umzubauen. Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges trat die SAI nicht mehr in Erscheinung. Die verbliebenen organisatorischen Strukturen zerfielen im Mai 1940 im Zuge des deutschen Westfeldzuges. Die 1951 in Frankfurt am Main gegründete Sozialistische Internationale versteht sich als Nachfolgeorganisation der SAI. (de)
  • Die Sozialistische Arbeiterinternationale (historische Schreibweise Sozialistische Arbeiter-Internationale, SAI, offiziell auch engl. Labour and Socialist International und frz. Internationale ouvrière socialiste) war die internationale Organisation der sozialistischen und sozialdemokratischen Parteien zwischen den Weltkriegen. Sie ging im Mai 1923 aus dem Zusammenschluss der reformistischen Londoner Internationale und der zentristischen Internationalen Arbeitsgemeinschaft Sozialistischer Parteien hervor. Sitz der SAI war zunächst London, ab 1925 Zürich und von 1935 bis 1940 Brüssel. Vorsitzende der SAI-Exekutive waren nacheinander Arthur Henderson (1923/24 und 1925–1929), Concemore Thomas Cramp (1924/25), Émile Vandervelde (1929–1935), Louis de Brouckère (1935–1939), Johan Willem Albarda (1939) und Camille Huysmans (1940). Der für die politische und organisatorische Arbeit der SAI verantwortliche Sekretär war von 1923 bis 1940 Friedrich Adler (bis 1925 zusammen mit Tom Shaw). Eng verbunden war die SAI mit dem Internationalen Gewerkschaftsbund (IGB) und der Sozialistischen Jugend-Internationale (SJI). Die einflussreichsten Parteien der SAI waren die britische Labour Party und – bis 1933 – die deutsche SPD, die auch die reformistische Ausrichtung der Organisation maßgeblich beeinflussten. Die SAI bezog sich in ihren Leitsätzen grundsätzlich positiv auf die liberal-parlamentarische Ordnung und stellte den Kampf um den „demokratischen Staat“ in den Mittelpunkt ihrer Programmatik. Die meisten Mitgliedsparteien übernahmen im Laufe der 1920er Jahre zudem das von Rudolf Hilferding entwickelte theoretische Konzept des „organisierten Kapitalismus“. Auf dem Höhepunkt ihres Masseneinflusses im Jahr 1928 waren der SAI 45 Parteien mit 6,6 Millionen Mitgliedern angeschlossen. Die Zerschlagung der deutschen und der österreichischen Arbeiterbewegung 1933/34 verschärfte die Auseinandersetzungen in der SAI, deren Selbstverständnis durch die politischen und ökonomischen Verwerfungen nach dem Einsetzen der Weltwirtschaftskrise ohnehin schwer erschüttert worden war. Der schon in den 1920er Jahren beginnende Siegeszug konservativ-autoritärer bzw. faschistischer Regime in Europa hatte die ausschließliche Festlegung auf parlamentarisch-legale Formen der politischen Arbeit bereits vor 1933 infrage gestellt. Die Zahl der illegalen Mitgliedsparteien nahm ständig zu. Vor diesem Hintergrund rückte das Verhältnis zu den kommunistischen Parteien bzw. zur Kommunistischen Internationale, die der SAI zwischen 1933 und 1939 wiederholt eine begrenzte Kooperation anbot, mehrfach in den Mittelpunkt der Debatte. Während das von der Labour Party und den Parteien der skandinavischen Länder geführte Lager jegliche Zusammenarbeit mit Kommunisten und illegale Kampfformen strikt ablehnte, sprachen sich vor allem die französischen, italienischen, spanischen und österreichischen Sozialisten für eine revolutionär-sozialistische Neuausrichtung der zum „Büro zum Registrieren von Sterbefällen“ (Pietro Nenni) herabgesunkenen SAI aus. Diese Gruppe konnte sich bei den Auseinandersetzungen, die im Sommer 1937 ihren Höhepunkt erreichten und die SAI mehrfach an den Rand der Spaltung brachten, jedoch nicht durchsetzen. Neben den beiden Hauptströmungen traten nach 1930 in einigen Mitgliedsparteien Gruppen auf, die – wie die französischen „Neosozialisten“ um Pierre Renaudel und Marcel Déat, der von Hendrik de Man geführte Flügel der belgischen POB und die Jaksch-Franzel-Gruppe in der DSAP – versuchten, eine nach rechts anschlussfähige Politik zu entwickeln. Die internen Auseinandersetzungen um politische und theoretische Grundfragen nach dem Münchner Abkommen leiteten die Phase der offenen Desintegration der SAI ein. Die tschechoslowakische Mitgliedspartei trat aus Protest aus der SAI aus, die Labour Party war zusammen mit den Parteien Belgiens, der Niederlande und Skandinaviens bemüht, alle Bezüge zum marxistischen Sozialismus aus der Programmatik der SAI zu entfernen und verbindliche internationale Absprachen für den Fall des als unabwendbar angesehenen Krieges zu verhindern. Diese Parteien versuchten 1939, die SAI durch Veränderungen des Organisationsstatuts und die Entmachtung Friedrich Adlers vollständig unter Kontrolle zu bringen und zu einem reinen Informationsbüro umzubauen. Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges trat die SAI nicht mehr in Erscheinung. Die verbliebenen organisatorischen Strukturen zerfielen im Mai 1940 im Zuge des deutschen Westfeldzuges. Die 1951 in Frankfurt am Main gegründete Sozialistische Internationale versteht sich als Nachfolgeorganisation der SAI. (de)
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  • Die Sozialistische Arbeiterinternationale (historische Schreibweise Sozialistische Arbeiter-Internationale, SAI, offiziell auch engl. Labour and Socialist International und frz. Internationale ouvrière socialiste) war die internationale Organisation der sozialistischen und sozialdemokratischen Parteien zwischen den Weltkriegen. Sie ging im Mai 1923 aus dem Zusammenschluss der reformistischen Londoner Internationale und der zentristischen Internationalen Arbeitsgemeinschaft Sozialistischer Parteien hervor. Sitz der SAI war zunächst London, ab 1925 Zürich und von 1935 bis 1940 Brüssel. (de)
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  • Sozialistische Arbeiterinternationale (de)
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