Sozialhygiene ist ein wesentlich von dem Mediziner Alfred Grotjahn 1904 in einem Vortrag vor der Berliner Gesellschaft für öffentliche Gesundheitspflege vorgestelltes Konzept. Grotjahn stellt Sozialhygiene sowohl als deskriptive als auch als normative Wissenschaft dar. Die deskriptive Komponente definierte er als „die Lehre von den Bedingungen, denen die Verallgemeinerung hygienischer Kultur unter der Gesamtheit von örtlich, zeitlich und gesellschaftlich zusammengehörigen Individuen und deren Nachkommen unterliegt“, während der normative Bestandteil „die Lehre von den Maßnahmen, die die Verallgemeinerung hygienischer Kultur unter der Gesamtheit von örtlich, zeitlich und gesellschaftlich zusammengehörigen Individuen und deren Nachkommen bezwecken“ darstellt.

Property Value
dbo:abstract
  • Sozialhygiene ist ein wesentlich von dem Mediziner Alfred Grotjahn 1904 in einem Vortrag vor der Berliner Gesellschaft für öffentliche Gesundheitspflege vorgestelltes Konzept. Grotjahn stellt Sozialhygiene sowohl als deskriptive als auch als normative Wissenschaft dar. Die deskriptive Komponente definierte er als „die Lehre von den Bedingungen, denen die Verallgemeinerung hygienischer Kultur unter der Gesamtheit von örtlich, zeitlich und gesellschaftlich zusammengehörigen Individuen und deren Nachkommen unterliegt“, während der normative Bestandteil „die Lehre von den Maßnahmen, die die Verallgemeinerung hygienischer Kultur unter der Gesamtheit von örtlich, zeitlich und gesellschaftlich zusammengehörigen Individuen und deren Nachkommen bezwecken“ darstellt. Die Begriffe „Sozialhygiene“ oder „soziale Hygiene“ tauchen bereits Mitte des 19. Jahrhunderts in der französischen Hygienebewegung auf und wurden von Max von Pettenkofer ins Deutsche eingeführt. Er dient als Gegenentwurf der monokausalen Erklärung der Infektionskrankheiten. Pettenkofer nahm an, dass die Mikroben nur eine Komponente darstellen. Daneben sei auch eine Vielzahl von gesellschaftlichen Einflüssen wie Hygiene, Bevölkerungsdichte, Ernährung und viele andere für den Ausbruch und Verlauf einer Infektionskrankheit ausschlaggebend. Ein weiterer Mediziner, der sich in größerem Umfang mit der Sozialen Hygiene zu Beginn des 20. Jahrhunderts analytisch und publizistisch befasste, war der Heidelberger Bezirksarzt und Medizinalrat Ernst Georg Kürz (1859–1937). Neben der engen Verknüpfung mit der Demographie war die Sozialhygiene historisch eng mit der Eugenikbewegung verbunden. So entwickelte der Sozialdemokrat A. Grotjahn, der gleichzeitig Mitglied in der Gesellschaft für Rassenhygiene war, eine sozialistische Eugenik. Um sich von sozialdarwinistischen und rassentheoretischen sowie naturwissenschaftlichen Richtungen der Eugenik abzugrenzen, unterschied er beispielsweise "natürliche" und "soziale" Auslese und förderte den Begriff "soziale Siebung", welchen er als wesentlich zur regenerativen Vervollkommnung betrachtete. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 waren sozialhygienische Maßnahmen in staatliche Maßnahmen zur Rassenhygiene und Volksgesundheit eingebettet. So gab es, nachdem Wissenschaftler in dieser Zeit erstmals den Zusammenhang zwischen Rauchen und Lungenkrebs untersuchten, strenge Nichtraucherkampagnen und Rauchverbote. In der nationalsozialistischen Propaganda wurde das Rauchen als für die Rasse schädliche dekadente Mode des politischen Liberalismus gebrandmarkt und später während des Weltkrieges die nichtrauchenden faschistischen Diktatoren Hitler, Mussolini und Franco als Vorbild gegenüber den rauchenden Regierungschefs der Alliierten, Churchill, Roosevelt und Stalin, herausgestellt. (de)
  • Sozialhygiene ist ein wesentlich von dem Mediziner Alfred Grotjahn 1904 in einem Vortrag vor der Berliner Gesellschaft für öffentliche Gesundheitspflege vorgestelltes Konzept. Grotjahn stellt Sozialhygiene sowohl als deskriptive als auch als normative Wissenschaft dar. Die deskriptive Komponente definierte er als „die Lehre von den Bedingungen, denen die Verallgemeinerung hygienischer Kultur unter der Gesamtheit von örtlich, zeitlich und gesellschaftlich zusammengehörigen Individuen und deren Nachkommen unterliegt“, während der normative Bestandteil „die Lehre von den Maßnahmen, die die Verallgemeinerung hygienischer Kultur unter der Gesamtheit von örtlich, zeitlich und gesellschaftlich zusammengehörigen Individuen und deren Nachkommen bezwecken“ darstellt. Die Begriffe „Sozialhygiene“ oder „soziale Hygiene“ tauchen bereits Mitte des 19. Jahrhunderts in der französischen Hygienebewegung auf und wurden von Max von Pettenkofer ins Deutsche eingeführt. Er dient als Gegenentwurf der monokausalen Erklärung der Infektionskrankheiten. Pettenkofer nahm an, dass die Mikroben nur eine Komponente darstellen. Daneben sei auch eine Vielzahl von gesellschaftlichen Einflüssen wie Hygiene, Bevölkerungsdichte, Ernährung und viele andere für den Ausbruch und Verlauf einer Infektionskrankheit ausschlaggebend. Ein weiterer Mediziner, der sich in größerem Umfang mit der Sozialen Hygiene zu Beginn des 20. Jahrhunderts analytisch und publizistisch befasste, war der Heidelberger Bezirksarzt und Medizinalrat Ernst Georg Kürz (1859–1937). Neben der engen Verknüpfung mit der Demographie war die Sozialhygiene historisch eng mit der Eugenikbewegung verbunden. So entwickelte der Sozialdemokrat A. Grotjahn, der gleichzeitig Mitglied in der Gesellschaft für Rassenhygiene war, eine sozialistische Eugenik. Um sich von sozialdarwinistischen und rassentheoretischen sowie naturwissenschaftlichen Richtungen der Eugenik abzugrenzen, unterschied er beispielsweise "natürliche" und "soziale" Auslese und förderte den Begriff "soziale Siebung", welchen er als wesentlich zur regenerativen Vervollkommnung betrachtete. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 waren sozialhygienische Maßnahmen in staatliche Maßnahmen zur Rassenhygiene und Volksgesundheit eingebettet. So gab es, nachdem Wissenschaftler in dieser Zeit erstmals den Zusammenhang zwischen Rauchen und Lungenkrebs untersuchten, strenge Nichtraucherkampagnen und Rauchverbote. In der nationalsozialistischen Propaganda wurde das Rauchen als für die Rasse schädliche dekadente Mode des politischen Liberalismus gebrandmarkt und später während des Weltkrieges die nichtrauchenden faschistischen Diktatoren Hitler, Mussolini und Franco als Vorbild gegenüber den rauchenden Regierungschefs der Alliierten, Churchill, Roosevelt und Stalin, herausgestellt. (de)
dbo:wikiPageID
  • 4471215 (xsd:integer)
dbo:wikiPageRevisionID
  • 152147414 (xsd:integer)
dct:subject
rdfs:comment
  • Sozialhygiene ist ein wesentlich von dem Mediziner Alfred Grotjahn 1904 in einem Vortrag vor der Berliner Gesellschaft für öffentliche Gesundheitspflege vorgestelltes Konzept. Grotjahn stellt Sozialhygiene sowohl als deskriptive als auch als normative Wissenschaft dar. Die deskriptive Komponente definierte er als „die Lehre von den Bedingungen, denen die Verallgemeinerung hygienischer Kultur unter der Gesamtheit von örtlich, zeitlich und gesellschaftlich zusammengehörigen Individuen und deren Nachkommen unterliegt“, während der normative Bestandteil „die Lehre von den Maßnahmen, die die Verallgemeinerung hygienischer Kultur unter der Gesamtheit von örtlich, zeitlich und gesellschaftlich zusammengehörigen Individuen und deren Nachkommen bezwecken“ darstellt. (de)
  • Sozialhygiene ist ein wesentlich von dem Mediziner Alfred Grotjahn 1904 in einem Vortrag vor der Berliner Gesellschaft für öffentliche Gesundheitspflege vorgestelltes Konzept. Grotjahn stellt Sozialhygiene sowohl als deskriptive als auch als normative Wissenschaft dar. Die deskriptive Komponente definierte er als „die Lehre von den Bedingungen, denen die Verallgemeinerung hygienischer Kultur unter der Gesamtheit von örtlich, zeitlich und gesellschaftlich zusammengehörigen Individuen und deren Nachkommen unterliegt“, während der normative Bestandteil „die Lehre von den Maßnahmen, die die Verallgemeinerung hygienischer Kultur unter der Gesamtheit von örtlich, zeitlich und gesellschaftlich zusammengehörigen Individuen und deren Nachkommen bezwecken“ darstellt. (de)
rdfs:label
  • Sozialhygiene (de)
  • Sozialhygiene (de)
owl:sameAs
prov:wasDerivedFrom
foaf:isPrimaryTopicOf
is foaf:primaryTopic of