Die pythagoreische Stimmung, auch quintenreine Stimmung genannt, ist ein Stimmungssystem, das sich dadurch auszeichnet, dass die Abstände der Töne zueinander (Intervalle) durch eine Abfolge von reinen Quinten definiert werden. Über die praktische Anwendung der pythagoreischen Stimmung in der Antike ist nichts bekannt. Nach der Legende von Pythagoras in der Schmiede geht deren musiktheoretische Beschreibung auf Pythagoras von Samos (um 570 bis 510 v. Chr.) zurück.

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  • Die pythagoreische Stimmung, auch quintenreine Stimmung genannt, ist ein Stimmungssystem, das sich dadurch auszeichnet, dass die Abstände der Töne zueinander (Intervalle) durch eine Abfolge von reinen Quinten definiert werden. Im Mittelalter war diese Stimmung die allgemein gültige und verwendete Stimmung. Anfang des 16. Jahrhunderts wurden neben Oktave und Quinte auch die Großterz in Akkordverbindungen rein intoniert und bei Tasteninstrumenten die pythagoreische Stimmung mehr und mehr durch die mitteltönige Stimmung abgelöst. In der heutigen Zeit wird die pythagoreische Stimmung wieder im Zusammenhang mit der Wiedergabe vor allem mittelalterlicher Musik, aber auch in einigen Fällen bei moderner Musik verwendet. Über die praktische Anwendung der pythagoreischen Stimmung in der Antike ist nichts bekannt. Nach der Legende von Pythagoras in der Schmiede geht deren musiktheoretische Beschreibung auf Pythagoras von Samos (um 570 bis 510 v. Chr.) zurück. Im Früh- und Hochmittelalter begnügte man sich oft damit, nur die neun Töne B — F — C — G — D — A — E — H — Fis in reinen Quintabständen zu stimmen, wobei die Töne B und Fis hauptsächlich dazu dienten, den damals als stark dissonant empfundenen Tritonus F — H durch die reinen Quarten Fis — H oder F — B zu umgehen. Mit der Erweiterung des Tonvorrats auf zwölf Töne tauchte das Problem des pythagoreischen Kommas auf. Stimmt man zu den bereits vorhandenen Tönen die Töne Cis und Gis, sowie Es und As in reinen Quintabständen, so ergeben Gis und As nicht denselben Ton. Man muss sich für Gis oder As entscheiden. Die hierbei entstehende unreine Quinte zwischen Gis — Es oder Cis — As (pythagoreische Wolfsquinte) ist um das pythagoreische Komma zu klein und in den allermeisten Fällen musikalisch unbrauchbar. Für die Musik des Mittelalters ist die Lage der Wolfsquinte zwischen Gis — Es am wenigsten problematisch. So setzt z. B. die Musik aus dem Robertsbridge Codex (entstanden um 1320) die Lage der Wolfsquinte bei Gis — Es voraus. Eine einfache Lösung des Problems der Wolfsquinte erhält man, wenn man die Quinten im Quintenzirkel geringfügig um 1/12 des pythagoreischen Kommas verkleinert. Man erhält dann die gleichstufige Stimmung, die sich aber – wegen der Entdeckung und Bevorzugung der reinen Terz in der Mehrstimmigkeit- erst Jahrhunderte später über den Umweg der mitteltönigen Stimmungen und wohltemperierten Stimmungen als heute vorwiegend verwendete Stimmung durchsetzte. Erstmals versuchten die Komponisten der Musik des Trecento (14. Jahrhundert) in Italien die Terz als konsonantes Intervall zu etablieren, aber erst in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, im musikalischen Übergang vom Mittelalter zur Renaissance, setzte ein grundlegender Wandel in den Hörgewohnheiten ein, bei dem die Terz als konsonant und die Quarte dafür als dissonant empfunden wurden. Für diese Art Musik wurde die pythagoreische Stimmung als unzulänglich angesehen. Eine erste Abhilfe bestand darin, die Lage der Wolfsquinte zu verändern. Sie wurde nun zwischen H und Fis gelegt, da auf diese Weise gutklingende, fast reine Terzen (D — Fis, E — Gis, A — Cis und H — Dis) entstanden. Eigentlich handelt es sich dabei um verminderte Quarten (D — Ges, E — As, A — Des und H — Es), die in der Musikpraxis gezielt eingesetzt wurden (z. B. im Buxheimer Orgelbuch, entstanden zwischen 1460 und 1470). Erwähnt wird die Lage der Wolfsquinte zwischen H und Fis z. B. von Bartolomé Ramos de Pareja in seiner Musica practica (Bologna 1482). (de)
  • Die pythagoreische Stimmung, auch quintenreine Stimmung genannt, ist ein Stimmungssystem, das sich dadurch auszeichnet, dass die Abstände der Töne zueinander (Intervalle) durch eine Abfolge von reinen Quinten definiert werden. Im Mittelalter war diese Stimmung die allgemein gültige und verwendete Stimmung. Anfang des 16. Jahrhunderts wurden neben Oktave und Quinte auch die Großterz in Akkordverbindungen rein intoniert und bei Tasteninstrumenten die pythagoreische Stimmung mehr und mehr durch die mitteltönige Stimmung abgelöst. In der heutigen Zeit wird die pythagoreische Stimmung wieder im Zusammenhang mit der Wiedergabe vor allem mittelalterlicher Musik, aber auch in einigen Fällen bei moderner Musik verwendet. Über die praktische Anwendung der pythagoreischen Stimmung in der Antike ist nichts bekannt. Nach der Legende von Pythagoras in der Schmiede geht deren musiktheoretische Beschreibung auf Pythagoras von Samos (um 570 bis 510 v. Chr.) zurück. Im Früh- und Hochmittelalter begnügte man sich oft damit, nur die neun Töne B — F — C — G — D — A — E — H — Fis in reinen Quintabständen zu stimmen, wobei die Töne B und Fis hauptsächlich dazu dienten, den damals als stark dissonant empfundenen Tritonus F — H durch die reinen Quarten Fis — H oder F — B zu umgehen. Mit der Erweiterung des Tonvorrats auf zwölf Töne tauchte das Problem des pythagoreischen Kommas auf. Stimmt man zu den bereits vorhandenen Tönen die Töne Cis und Gis, sowie Es und As in reinen Quintabständen, so ergeben Gis und As nicht denselben Ton. Man muss sich für Gis oder As entscheiden. Die hierbei entstehende unreine Quinte zwischen Gis — Es oder Cis — As (pythagoreische Wolfsquinte) ist um das pythagoreische Komma zu klein und in den allermeisten Fällen musikalisch unbrauchbar. Für die Musik des Mittelalters ist die Lage der Wolfsquinte zwischen Gis — Es am wenigsten problematisch. So setzt z. B. die Musik aus dem Robertsbridge Codex (entstanden um 1320) die Lage der Wolfsquinte bei Gis — Es voraus. Eine einfache Lösung des Problems der Wolfsquinte erhält man, wenn man die Quinten im Quintenzirkel geringfügig um 1/12 des pythagoreischen Kommas verkleinert. Man erhält dann die gleichstufige Stimmung, die sich aber – wegen der Entdeckung und Bevorzugung der reinen Terz in der Mehrstimmigkeit- erst Jahrhunderte später über den Umweg der mitteltönigen Stimmungen und wohltemperierten Stimmungen als heute vorwiegend verwendete Stimmung durchsetzte. Erstmals versuchten die Komponisten der Musik des Trecento (14. Jahrhundert) in Italien die Terz als konsonantes Intervall zu etablieren, aber erst in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, im musikalischen Übergang vom Mittelalter zur Renaissance, setzte ein grundlegender Wandel in den Hörgewohnheiten ein, bei dem die Terz als konsonant und die Quarte dafür als dissonant empfunden wurden. Für diese Art Musik wurde die pythagoreische Stimmung als unzulänglich angesehen. Eine erste Abhilfe bestand darin, die Lage der Wolfsquinte zu verändern. Sie wurde nun zwischen H und Fis gelegt, da auf diese Weise gutklingende, fast reine Terzen (D — Fis, E — Gis, A — Cis und H — Dis) entstanden. Eigentlich handelt es sich dabei um verminderte Quarten (D — Ges, E — As, A — Des und H — Es), die in der Musikpraxis gezielt eingesetzt wurden (z. B. im Buxheimer Orgelbuch, entstanden zwischen 1460 und 1470). Erwähnt wird die Lage der Wolfsquinte zwischen H und Fis z. B. von Bartolomé Ramos de Pareja in seiner Musica practica (Bologna 1482). (de)
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  • Die pythagoreische Stimmung, auch quintenreine Stimmung genannt, ist ein Stimmungssystem, das sich dadurch auszeichnet, dass die Abstände der Töne zueinander (Intervalle) durch eine Abfolge von reinen Quinten definiert werden. Über die praktische Anwendung der pythagoreischen Stimmung in der Antike ist nichts bekannt. Nach der Legende von Pythagoras in der Schmiede geht deren musiktheoretische Beschreibung auf Pythagoras von Samos (um 570 bis 510 v. Chr.) zurück. (de)
  • Die pythagoreische Stimmung, auch quintenreine Stimmung genannt, ist ein Stimmungssystem, das sich dadurch auszeichnet, dass die Abstände der Töne zueinander (Intervalle) durch eine Abfolge von reinen Quinten definiert werden. Über die praktische Anwendung der pythagoreischen Stimmung in der Antike ist nichts bekannt. Nach der Legende von Pythagoras in der Schmiede geht deren musiktheoretische Beschreibung auf Pythagoras von Samos (um 570 bis 510 v. Chr.) zurück. (de)
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  • Pythagoreische Stimmung (de)
  • Pythagoreische Stimmung (de)
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