Agnat (lateinisch agnatus „der Hinzu-/Nachgeborene“) bezeichnete im römischen Recht einen männlichen Blutsverwandten, der in ununterbrochener männlicher Linie und ehelich legitimiert von einem gemeinsamen Ahnherrn abstammt. Die Angehörigen der agnatischen Stammlinie waren ausschließlich Männer, die Agnaten – mit Ausnahme noch lebender unverheirateter und bruderloser Töchter, der Agnatinnen. Diese konnten allerdings die Agnation (Blutsverwandtschaft väterlicherseits) nicht über ihre Nachkommen fortsetzen, denn sie mussten nach einer Heirat zu ihrem jeweiligen Ehemann ziehen, ihre Kinder übernahmen dessen Familiennamen und führten dessen Linie weiter, nicht die Linie ihrer Mutter oder deren Vaters.

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  • Agnat (lateinisch agnatus „der Hinzu-/Nachgeborene“) bezeichnete im römischen Recht einen männlichen Blutsverwandten, der in ununterbrochener männlicher Linie und ehelich legitimiert von einem gemeinsamen Ahnherrn abstammt. Die Angehörigen der agnatischen Stammlinie waren ausschließlich Männer, die Agnaten – mit Ausnahme noch lebender unverheirateter und bruderloser Töchter, der Agnatinnen. Diese konnten allerdings die Agnation (Blutsverwandtschaft väterlicherseits) nicht über ihre Nachkommen fortsetzen, denn sie mussten nach einer Heirat zu ihrem jeweiligen Ehemann ziehen, ihre Kinder übernahmen dessen Familiennamen und führten dessen Linie weiter, nicht die Linie ihrer Mutter oder deren Vaters. Alle jemals innerhalb der agnatischen Linie geborenen Töchter wurden zwar als „kognatisch“ (lateinisch „mitgeboren“) angesehen, gehörten aber nicht zum agnatischen „Mannesstamm“ (auch keine eingeheirateten Frauen). Agnatisch gesehen war ein Sohn nicht mit den Schwestern seines Vaters (Tanten) verwandt, streng genommen nicht einmal mit seinen eigenen Schwestern. Eine Abstammungsregel, bei der ein Sohn seine soziale Position, Status und Besitz nur von seinem Vater übertragen bekommt, wird ethnosoziologisch als patrilinear bezeichnet (lateinisch „in der Linie des Vaters“: Väterlinie), oder als vaterrechtlich. Die agnatische Sichtweise von Töchtern unterscheidet sich aber von anderen patrilinearen Systemen, bei denen auch die Frauen Mitglieder der patrilinearen Abstammungsgruppe sind, wobei allerdings nur die männlichen Mitglieder der Patri-Linie die Mitgliedschaft in der Linie an ihre Nachkommen weitergeben können, auch an ihre Töchter. In modernen Rechtssystemen hat die Agnation jede Bedeutung verloren. Eine besondere Rolle im alten deutschen Recht spielte sie in der Lehre von der Rechtsnachfolge (Sukzession) in Lehen und Familienfideikommissen des Adels: Solange noch ein Agnat – sei es auch aus einer noch so entfernten Seitenlinie – lebte, war die Nachfolgefähigkeit irgendeines weiblichen Familienmitglieds ausgeschlossen (auch die einer Agnatin im Sinne des römischen Rechts). Wenn beim Hochadel ausnahmsweise eine weibliche Linie zum Zug kam, weil es keinen durch Agnation oder Erbverbrüderung zur Nachfolge berechtigten Prinzen gab, galt von da an wieder der Grundsatz der Vererbung der Kronrechte nach der agnatisch-linearen Erbfolge. Noch heute enthalten viele „Hausgesetze“ von Adelsfamilien alte Regelungen für solche Fälle. (de)
  • Agnat (lateinisch agnatus „der Hinzu-/Nachgeborene“) bezeichnete im römischen Recht einen männlichen Blutsverwandten, der in ununterbrochener männlicher Linie und ehelich legitimiert von einem gemeinsamen Ahnherrn abstammt. Die Angehörigen der agnatischen Stammlinie waren ausschließlich Männer, die Agnaten – mit Ausnahme noch lebender unverheirateter und bruderloser Töchter, der Agnatinnen. Diese konnten allerdings die Agnation (Blutsverwandtschaft väterlicherseits) nicht über ihre Nachkommen fortsetzen, denn sie mussten nach einer Heirat zu ihrem jeweiligen Ehemann ziehen, ihre Kinder übernahmen dessen Familiennamen und führten dessen Linie weiter, nicht die Linie ihrer Mutter oder deren Vaters. Alle jemals innerhalb der agnatischen Linie geborenen Töchter wurden zwar als „kognatisch“ (lateinisch „mitgeboren“) angesehen, gehörten aber nicht zum agnatischen „Mannesstamm“ (auch keine eingeheirateten Frauen). Agnatisch gesehen war ein Sohn nicht mit den Schwestern seines Vaters (Tanten) verwandt, streng genommen nicht einmal mit seinen eigenen Schwestern. Eine Abstammungsregel, bei der ein Sohn seine soziale Position, Status und Besitz nur von seinem Vater übertragen bekommt, wird ethnosoziologisch als patrilinear bezeichnet (lateinisch „in der Linie des Vaters“: Väterlinie), oder als vaterrechtlich. Die agnatische Sichtweise von Töchtern unterscheidet sich aber von anderen patrilinearen Systemen, bei denen auch die Frauen Mitglieder der patrilinearen Abstammungsgruppe sind, wobei allerdings nur die männlichen Mitglieder der Patri-Linie die Mitgliedschaft in der Linie an ihre Nachkommen weitergeben können, auch an ihre Töchter. In modernen Rechtssystemen hat die Agnation jede Bedeutung verloren. Eine besondere Rolle im alten deutschen Recht spielte sie in der Lehre von der Rechtsnachfolge (Sukzession) in Lehen und Familienfideikommissen des Adels: Solange noch ein Agnat – sei es auch aus einer noch so entfernten Seitenlinie – lebte, war die Nachfolgefähigkeit irgendeines weiblichen Familienmitglieds ausgeschlossen (auch die einer Agnatin im Sinne des römischen Rechts). Wenn beim Hochadel ausnahmsweise eine weibliche Linie zum Zug kam, weil es keinen durch Agnation oder Erbverbrüderung zur Nachfolge berechtigten Prinzen gab, galt von da an wieder der Grundsatz der Vererbung der Kronrechte nach der agnatisch-linearen Erbfolge. Noch heute enthalten viele „Hausgesetze“ von Adelsfamilien alte Regelungen für solche Fälle. (de)
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  • Agnat (lateinisch agnatus „der Hinzu-/Nachgeborene“) bezeichnete im römischen Recht einen männlichen Blutsverwandten, der in ununterbrochener männlicher Linie und ehelich legitimiert von einem gemeinsamen Ahnherrn abstammt. Die Angehörigen der agnatischen Stammlinie waren ausschließlich Männer, die Agnaten – mit Ausnahme noch lebender unverheirateter und bruderloser Töchter, der Agnatinnen. Diese konnten allerdings die Agnation (Blutsverwandtschaft väterlicherseits) nicht über ihre Nachkommen fortsetzen, denn sie mussten nach einer Heirat zu ihrem jeweiligen Ehemann ziehen, ihre Kinder übernahmen dessen Familiennamen und führten dessen Linie weiter, nicht die Linie ihrer Mutter oder deren Vaters. (de)
  • Agnat (lateinisch agnatus „der Hinzu-/Nachgeborene“) bezeichnete im römischen Recht einen männlichen Blutsverwandten, der in ununterbrochener männlicher Linie und ehelich legitimiert von einem gemeinsamen Ahnherrn abstammt. Die Angehörigen der agnatischen Stammlinie waren ausschließlich Männer, die Agnaten – mit Ausnahme noch lebender unverheirateter und bruderloser Töchter, der Agnatinnen. Diese konnten allerdings die Agnation (Blutsverwandtschaft väterlicherseits) nicht über ihre Nachkommen fortsetzen, denn sie mussten nach einer Heirat zu ihrem jeweiligen Ehemann ziehen, ihre Kinder übernahmen dessen Familiennamen und führten dessen Linie weiter, nicht die Linie ihrer Mutter oder deren Vaters. (de)
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