Die Statutenlehre oder auch Statutentheorie ist ein im Mittelalter entwickeltes Verfahren, um im Römischen Recht ausgebildeten Juristen die Handhabung verschiedener, überschneidender und in ihrer jeweiligen Gültigkeit unsicheren Rechtsnormen zu erlauben. Entwickelt wurde die Statutenlehre zur Zeit der Frührezeption des römischen Rechts an der Universität Bologna.

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  • Die Statutenlehre oder auch Statutentheorie ist ein im Mittelalter entwickeltes Verfahren, um im Römischen Recht ausgebildeten Juristen die Handhabung verschiedener, überschneidender und in ihrer jeweiligen Gültigkeit unsicheren Rechtsnormen zu erlauben. Entwickelt wurde die Statutenlehre zur Zeit der Frührezeption des römischen Rechts an der Universität Bologna. Das römische Recht war in den folgenden Jahrhunderten in Bologna zu einem systematisch ausgereiften Recht entwickelt worden. Zunehmend wurden Rechtsgutachten nach diesem Recht verlangt. In der Kirche hatte es in Gestalt des Kanonischen Rechts ohnehin Geltung, in staatlichen Institutionen wurden zunehmend gelehrte Juristen eingesetzt und da einzelne Bestimmungen ihren Interessen entsprachen, wurde das römische Recht von Herrschaftsträgern zunehmend gefördert. Ab dem 15. Jahrhundert verbreitete es sich auch in Deutschland. Dem Römischen Recht gegenüber stand die mittelalterliche Rechtspraxis, die ihre Normen in erster Linie aus räumlich begrenzt geltenden Rechtstexten (Landrechten, Stadtrechte, Willküren) und Rechtsgewohnheiten schöpfte, die in einem mündlichen Verfahren durch Schöffen festgestellt wurden. Nach der Statutenlehre sollte nun vorrangig das partikulare Recht angewendet werden, römisches Recht hingegen nur subsidiär. Dadurch blieb der Einfluss der jeweiligen Rechtsgemeinde auf die lokale Rechtsprechung gewahrt. Im Folgenden entwickelte sich auf dieser Grundlage eine auch für die Zeitgenossen komplizierte Hierarchie: Im Wesentlichen hatte lokales Gewohnheits- und Statutenrecht Vorrang vor Landesgewohnheiten und -rechten, dann dem Reichsrecht. Römisch-kanonisches Recht wurde allgemein zur Geltung gebracht, sofern keine anderen Rechtsnormen bestanden, oder diese als "unvernünftig" angesehen wurden. Außerdem sollten im Partikular- und Gewohnheitsrecht bestehende Lücken nicht durch Interpolation von bekannten Rechtsnormen, sondern unter Rückgriff auf das Römische Recht gefüllt werden. Bestanden Konflikte zwischen Partikularrechten und dem römischen Recht, war das vorrangig geltende Recht so auszulegen, dass es dem Römischen Recht am nächsten kam. Im 15. und 16. Jahrhundert ist im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation die Statutenlehre weiterentwickelt worden. Maßgeblich beteiligt war dabei das Reichskammergericht, das in seiner Rechtsprechung mit dem gewaltigen Umfang im Reich angewandter Lokal- und Landesrechte konfrontiert war. Die Parteien konnten sich beim Verfahren auf partikulares Recht stützen. Dazu mussten sie jedoch das einheimische Recht und seine Geltung nachweisen. Das war schwierig, soweit solche Rechte nicht - wie etwa im Sachsenspiegel - schriftlich verfasst waren. Das lokale Recht war in seiner systematischen Qualität dem ius commune oft unterlegen, so dass es meist vorteilhafter war, seinen Fall von Anfang an gemäß römischem Recht vorzutragen. In lokalen Gerichten entwickelte sich eine Kombination von Partikular- und römischem Recht zum ius commune in loco. In der Regel waren Präzedenz und Beachtung des beanspruchten Rechts ('viridis observantia') ausschlaggebend dafür, welches Recht angewandt wurde. (de)
  • Die Statutenlehre oder auch Statutentheorie ist ein im Mittelalter entwickeltes Verfahren, um im Römischen Recht ausgebildeten Juristen die Handhabung verschiedener, überschneidender und in ihrer jeweiligen Gültigkeit unsicheren Rechtsnormen zu erlauben. Entwickelt wurde die Statutenlehre zur Zeit der Frührezeption des römischen Rechts an der Universität Bologna. Das römische Recht war in den folgenden Jahrhunderten in Bologna zu einem systematisch ausgereiften Recht entwickelt worden. Zunehmend wurden Rechtsgutachten nach diesem Recht verlangt. In der Kirche hatte es in Gestalt des Kanonischen Rechts ohnehin Geltung, in staatlichen Institutionen wurden zunehmend gelehrte Juristen eingesetzt und da einzelne Bestimmungen ihren Interessen entsprachen, wurde das römische Recht von Herrschaftsträgern zunehmend gefördert. Ab dem 15. Jahrhundert verbreitete es sich auch in Deutschland. Dem Römischen Recht gegenüber stand die mittelalterliche Rechtspraxis, die ihre Normen in erster Linie aus räumlich begrenzt geltenden Rechtstexten (Landrechten, Stadtrechte, Willküren) und Rechtsgewohnheiten schöpfte, die in einem mündlichen Verfahren durch Schöffen festgestellt wurden. Nach der Statutenlehre sollte nun vorrangig das partikulare Recht angewendet werden, römisches Recht hingegen nur subsidiär. Dadurch blieb der Einfluss der jeweiligen Rechtsgemeinde auf die lokale Rechtsprechung gewahrt. Im Folgenden entwickelte sich auf dieser Grundlage eine auch für die Zeitgenossen komplizierte Hierarchie: Im Wesentlichen hatte lokales Gewohnheits- und Statutenrecht Vorrang vor Landesgewohnheiten und -rechten, dann dem Reichsrecht. Römisch-kanonisches Recht wurde allgemein zur Geltung gebracht, sofern keine anderen Rechtsnormen bestanden, oder diese als "unvernünftig" angesehen wurden. Außerdem sollten im Partikular- und Gewohnheitsrecht bestehende Lücken nicht durch Interpolation von bekannten Rechtsnormen, sondern unter Rückgriff auf das Römische Recht gefüllt werden. Bestanden Konflikte zwischen Partikularrechten und dem römischen Recht, war das vorrangig geltende Recht so auszulegen, dass es dem Römischen Recht am nächsten kam. Im 15. und 16. Jahrhundert ist im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation die Statutenlehre weiterentwickelt worden. Maßgeblich beteiligt war dabei das Reichskammergericht, das in seiner Rechtsprechung mit dem gewaltigen Umfang im Reich angewandter Lokal- und Landesrechte konfrontiert war. Die Parteien konnten sich beim Verfahren auf partikulares Recht stützen. Dazu mussten sie jedoch das einheimische Recht und seine Geltung nachweisen. Das war schwierig, soweit solche Rechte nicht - wie etwa im Sachsenspiegel - schriftlich verfasst waren. Das lokale Recht war in seiner systematischen Qualität dem ius commune oft unterlegen, so dass es meist vorteilhafter war, seinen Fall von Anfang an gemäß römischem Recht vorzutragen. In lokalen Gerichten entwickelte sich eine Kombination von Partikular- und römischem Recht zum ius commune in loco. In der Regel waren Präzedenz und Beachtung des beanspruchten Rechts ('viridis observantia') ausschlaggebend dafür, welches Recht angewandt wurde. (de)
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  • Die Statutenlehre oder auch Statutentheorie ist ein im Mittelalter entwickeltes Verfahren, um im Römischen Recht ausgebildeten Juristen die Handhabung verschiedener, überschneidender und in ihrer jeweiligen Gültigkeit unsicheren Rechtsnormen zu erlauben. Entwickelt wurde die Statutenlehre zur Zeit der Frührezeption des römischen Rechts an der Universität Bologna. (de)
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