Paritätsverletzung bezeichnet in der Physik die 1956 entdeckte Tatsache, dass es physikalische Prozesse gibt, die in einer spiegelverkehrt aufgebauten Welt anders ablaufen als in einem Spiegelbild der normalen Welt. Anders gesagt: Ein solcher paritätsverletzender Prozess, der im Spiegel beobachtet wird, unterscheidet sich von dem Prozess, der in einer spiegelverkehrten, aber sonst identisch aufgebauten Versuchansordnung wirklich abläuft. -Radioaktivität und, fast zeitgleich, um Leon Max Lederman am Beispiel des Zerfalls polarisierter Myonen.

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  • Paritätsverletzung bezeichnet in der Physik die 1956 entdeckte Tatsache, dass es physikalische Prozesse gibt, die in einer spiegelverkehrt aufgebauten Welt anders ablaufen als in einem Spiegelbild der normalen Welt. Anders gesagt: Ein solcher paritätsverletzender Prozess, der im Spiegel beobachtet wird, unterscheidet sich von dem Prozess, der in einer spiegelverkehrten, aber sonst identisch aufgebauten Versuchansordnung wirklich abläuft. Der Name Paritätsverletzung bedeutet genauer Verletzung der Erhaltung der Parität. Die Größe Parität wird in der Quantenmechanik definiert, um den Symmetriecharakter einer Wellenfunktion gegenüber Raumspiegelung zu beschreiben. Diese „Raumspiegelung“ ist auch gemeint, wenn man in diesem Zusammenhang davon spricht, dass physikalische Gesetzmäßigkeiten oder Abläufe „spiegelsymmetrisch“ sind. Paritätsverletzende Prozesse sind ausschließlich bei der schwachen Wechselwirkung bekannt. Die anderen Grundkräfte der Physik (Gravitation, elektromagnetische Wechselwirkung, starke Wechselwirkung) sind paritätserhaltend. Diese drei Grundkräfte bestimmen aber die Vorgänge des täglichen Lebens; daher ist es nicht einfach, Paritätsverletzungen zu beobachten. So war es lange Zeit wissenschaftliche Lehrmeinung, die Natur sei ausschließlich von spiegelsymmetrischen Gesetzen beherrscht. Eine Paritätsverletzung wurde bis Mitte des 20. Jahrhunderts für ausgeschlossen gehalten. Der Nachweis des Gegenteils gelang 1956 den Gruppen um C.S. Wu am Beispiel der -Radioaktivität und, fast zeitgleich, um Leon Max Lederman am Beispiel des Zerfalls polarisierter Myonen. Als Eigenwerte der quantenmechanischen Parität gibt es nur die Quantenzahlen +1 (symmetrisch) und −1 (antisymmetrisch). Fast immer haben die Energieniveaus von Atomen, Molekülen etc. in sehr guter Näherung eine bestimmte Parität (+1 oder −1), manche häufig benutzte Wellenfunktionen (z. B. die ebene Welle) aber nicht. Solange an einem Prozess die schwache Wechselwirkung nicht beteiligt ist, bleibt der Symmetriecharakter so erhalten, wie er zu Beginn vorliegt (Paritätserhaltung der Wellenfunktion des gesamten Systems). Wenn z. B. ein angeregtes Atom durch die elektromagnetische Wechselwirkung ein Lichtquant erzeugt, das für sich die Parität −1 besitzt, dann muss das Atom in seinem Endzustand entgegengesetzte Parität zum Anfangszustand haben (Paritäts-Auswahlregel). Lichtquant und Atom zusammengenommen haben im Endzustand dann dieselbe Parität wie der Anfangszustand. Bei Prozessen der schwachen Wechselwirkung hingegen (z. B. -Radioaktivität, schwacher Zerfall von instabilen Elementarteilchen) entsteht aus einem Anfangszustand mit reiner Parität ein Endzustand mit gleich großen Anteilen beider Paritäten, also maximaler Mischung. Daher wird die Paritätsverletzung durch die schwache Wechselwirkung als maximal bezeichnet. (de)
  • Paritätsverletzung bezeichnet in der Physik die 1956 entdeckte Tatsache, dass es physikalische Prozesse gibt, die in einer spiegelverkehrt aufgebauten Welt anders ablaufen als in einem Spiegelbild der normalen Welt. Anders gesagt: Ein solcher paritätsverletzender Prozess, der im Spiegel beobachtet wird, unterscheidet sich von dem Prozess, der in einer spiegelverkehrten, aber sonst identisch aufgebauten Versuchansordnung wirklich abläuft. Der Name Paritätsverletzung bedeutet genauer Verletzung der Erhaltung der Parität. Die Größe Parität wird in der Quantenmechanik definiert, um den Symmetriecharakter einer Wellenfunktion gegenüber Raumspiegelung zu beschreiben. Diese „Raumspiegelung“ ist auch gemeint, wenn man in diesem Zusammenhang davon spricht, dass physikalische Gesetzmäßigkeiten oder Abläufe „spiegelsymmetrisch“ sind. Paritätsverletzende Prozesse sind ausschließlich bei der schwachen Wechselwirkung bekannt. Die anderen Grundkräfte der Physik (Gravitation, elektromagnetische Wechselwirkung, starke Wechselwirkung) sind paritätserhaltend. Diese drei Grundkräfte bestimmen aber die Vorgänge des täglichen Lebens; daher ist es nicht einfach, Paritätsverletzungen zu beobachten. So war es lange Zeit wissenschaftliche Lehrmeinung, die Natur sei ausschließlich von spiegelsymmetrischen Gesetzen beherrscht. Eine Paritätsverletzung wurde bis Mitte des 20. Jahrhunderts für ausgeschlossen gehalten. Der Nachweis des Gegenteils gelang 1956 den Gruppen um C.S. Wu am Beispiel der -Radioaktivität und, fast zeitgleich, um Leon Max Lederman am Beispiel des Zerfalls polarisierter Myonen. Als Eigenwerte der quantenmechanischen Parität gibt es nur die Quantenzahlen +1 (symmetrisch) und −1 (antisymmetrisch). Fast immer haben die Energieniveaus von Atomen, Molekülen etc. in sehr guter Näherung eine bestimmte Parität (+1 oder −1), manche häufig benutzte Wellenfunktionen (z. B. die ebene Welle) aber nicht. Solange an einem Prozess die schwache Wechselwirkung nicht beteiligt ist, bleibt der Symmetriecharakter so erhalten, wie er zu Beginn vorliegt (Paritätserhaltung der Wellenfunktion des gesamten Systems). Wenn z. B. ein angeregtes Atom durch die elektromagnetische Wechselwirkung ein Lichtquant erzeugt, das für sich die Parität −1 besitzt, dann muss das Atom in seinem Endzustand entgegengesetzte Parität zum Anfangszustand haben (Paritäts-Auswahlregel). Lichtquant und Atom zusammengenommen haben im Endzustand dann dieselbe Parität wie der Anfangszustand. Bei Prozessen der schwachen Wechselwirkung hingegen (z. B. -Radioaktivität, schwacher Zerfall von instabilen Elementarteilchen) entsteht aus einem Anfangszustand mit reiner Parität ein Endzustand mit gleich großen Anteilen beider Paritäten, also maximaler Mischung. Daher wird die Paritätsverletzung durch die schwache Wechselwirkung als maximal bezeichnet. (de)
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  • 978-3-540-85299-5
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  • Der gebrochene Spiegel: Symmetrie. Symmetriebrechung und Ordnung in der Natur. (de)
  • Elementare Teilchen. Moderne Physik von den Atomen bis zum Standard-Modell (de)
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  • Paritätsverletzung bezeichnet in der Physik die 1956 entdeckte Tatsache, dass es physikalische Prozesse gibt, die in einer spiegelverkehrt aufgebauten Welt anders ablaufen als in einem Spiegelbild der normalen Welt. Anders gesagt: Ein solcher paritätsverletzender Prozess, der im Spiegel beobachtet wird, unterscheidet sich von dem Prozess, der in einer spiegelverkehrten, aber sonst identisch aufgebauten Versuchansordnung wirklich abläuft. -Radioaktivität und, fast zeitgleich, um Leon Max Lederman am Beispiel des Zerfalls polarisierter Myonen. (de)
  • Paritätsverletzung bezeichnet in der Physik die 1956 entdeckte Tatsache, dass es physikalische Prozesse gibt, die in einer spiegelverkehrt aufgebauten Welt anders ablaufen als in einem Spiegelbild der normalen Welt. Anders gesagt: Ein solcher paritätsverletzender Prozess, der im Spiegel beobachtet wird, unterscheidet sich von dem Prozess, der in einer spiegelverkehrten, aber sonst identisch aufgebauten Versuchansordnung wirklich abläuft. -Radioaktivität und, fast zeitgleich, um Leon Max Lederman am Beispiel des Zerfalls polarisierter Myonen. (de)
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