Muwaššaḥ (arabisch موشح, DMG muwaššaḥ ‚Gürtel-Poesie‘, Aussprache [mu'waʃːaħ]) ist eine arabisch-andalusische Strophen-Gedichtform, die sich strukturell, metrisch und sprachlich von ihren orientalischen Vorbildern Qasīda und Ghasel unterscheidet. Die Muwaššaḥ-Poesie ist im mittelalterlichen maurischen al-Ándalus im 10. Jahrhundert auf dem Boden des heutigen Spaniens als Lob- oder Liebeslied erfunden worden. Der Tradition nach gilt als Erfinder der Muwaššaḥ-Gattung der legendäre arabisch-andalusische Dichter Muqaddam ibn Muʿafa, el ciego de Cabra (der Blinde aus Cabra), der um 920 n. Chr. unweit von Córdoba lebte.

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  • Muwaššaḥ (arabisch موشح, DMG muwaššaḥ ‚Gürtel-Poesie‘, Aussprache [mu'waʃːaħ]) ist eine arabisch-andalusische Strophen-Gedichtform, die sich strukturell, metrisch und sprachlich von ihren orientalischen Vorbildern Qasīda und Ghasel unterscheidet. Die Muwaššaḥ-Poesie ist im mittelalterlichen maurischen al-Ándalus im 10. Jahrhundert auf dem Boden des heutigen Spaniens als Lob- oder Liebeslied erfunden worden. Der Tradition nach gilt als Erfinder der Muwaššaḥ-Gattung der legendäre arabisch-andalusische Dichter Muqaddam ibn Muʿafa, el ciego de Cabra (der Blinde aus Cabra), der um 920 n. Chr. unweit von Córdoba lebte. Die bis dahin bekannten orientalischen Gedichtformen, Qasīda und Ghasel, sind nicht-strophisch, kennen nur den Monoreim, das heißt durchgehende Endreime, und sind in klassischem Arabisch abgefasst. Dagegen besitzt eine Muwaššaḥa meist fünf (bis sieben) Strophen, die durch einen durchgängigen Kehrreim – gürtelhaft – miteinander verbunden sind. Ein ganz besonderes Kennzeichen des Muwaššaḥ ist das Code-Switching, der plötzliche Wechsel von einer Sprache oder Sprachebene in eine andere. Dieses Code-Switching, diese Sprachmischung, findet statt im Kehrreim der jeweils letzten Strophe, der Ḫarǧa genannt wird. Während die übrigen Verse einer Muwaššaḥa in klassischem Arabisch gehalten sind, werden die Schlussverse, die Ḫarǧa, in arabisch-andalusischer Umgangssprache (vulgärarabisch) gedichtet oder in einer fremden Sprache gestaltet. So entdeckte man sogenannte romanische Ḫarǧas, Schlussverse, die vereinzelte oder mehrere altspanische, mozarabische Wörter und hybride romanisch-arabische Komposita enthalten. Diese Mischsprache erinnert an Makkaronische Dichtung und ist in etwa vergleichbar mit dem heutigen Denglisch. Diese sogenannten frühromanischen Ḫarǧas sind genauso wie der gesamte übrige Gedicht-Text in semitischen Zeichen geschrieben. Eine solche verfremdende Schreibweise nennt man Aljamiado. Auch in al-Ándalus lebende sephardische Juden brachten bedeutende Muwaššaḥ-Dichter hervor, so dass also Muwaššaḥ-Manuskripte in zwei verschiedenen semitischen Alphabeten überliefert sind: in hebräischer und in arabischer Konsonantenschrift. (de)
  • Muwaššaḥ (arabisch موشح, DMG muwaššaḥ ‚Gürtel-Poesie‘, Aussprache [mu'waʃːaħ]) ist eine arabisch-andalusische Strophen-Gedichtform, die sich strukturell, metrisch und sprachlich von ihren orientalischen Vorbildern Qasīda und Ghasel unterscheidet. Die Muwaššaḥ-Poesie ist im mittelalterlichen maurischen al-Ándalus im 10. Jahrhundert auf dem Boden des heutigen Spaniens als Lob- oder Liebeslied erfunden worden. Der Tradition nach gilt als Erfinder der Muwaššaḥ-Gattung der legendäre arabisch-andalusische Dichter Muqaddam ibn Muʿafa, el ciego de Cabra (der Blinde aus Cabra), der um 920 n. Chr. unweit von Córdoba lebte. Die bis dahin bekannten orientalischen Gedichtformen, Qasīda und Ghasel, sind nicht-strophisch, kennen nur den Monoreim, das heißt durchgehende Endreime, und sind in klassischem Arabisch abgefasst. Dagegen besitzt eine Muwaššaḥa meist fünf (bis sieben) Strophen, die durch einen durchgängigen Kehrreim – gürtelhaft – miteinander verbunden sind. Ein ganz besonderes Kennzeichen des Muwaššaḥ ist das Code-Switching, der plötzliche Wechsel von einer Sprache oder Sprachebene in eine andere. Dieses Code-Switching, diese Sprachmischung, findet statt im Kehrreim der jeweils letzten Strophe, der Ḫarǧa genannt wird. Während die übrigen Verse einer Muwaššaḥa in klassischem Arabisch gehalten sind, werden die Schlussverse, die Ḫarǧa, in arabisch-andalusischer Umgangssprache (vulgärarabisch) gedichtet oder in einer fremden Sprache gestaltet. So entdeckte man sogenannte romanische Ḫarǧas, Schlussverse, die vereinzelte oder mehrere altspanische, mozarabische Wörter und hybride romanisch-arabische Komposita enthalten. Diese Mischsprache erinnert an Makkaronische Dichtung und ist in etwa vergleichbar mit dem heutigen Denglisch. Diese sogenannten frühromanischen Ḫarǧas sind genauso wie der gesamte übrige Gedicht-Text in semitischen Zeichen geschrieben. Eine solche verfremdende Schreibweise nennt man Aljamiado. Auch in al-Ándalus lebende sephardische Juden brachten bedeutende Muwaššaḥ-Dichter hervor, so dass also Muwaššaḥ-Manuskripte in zwei verschiedenen semitischen Alphabeten überliefert sind: in hebräischer und in arabischer Konsonantenschrift. (de)
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  • Das arabische Strophengedicht, I. Das Muwaššaḥ
  • Das Wunder von al-Andalus. Die schönsten Gedichte aus dem Maurischen Spanien
  • Altspanische Mädchenlieder aus des Minnesangs Frühlings
  • Zwei romanische Lieder aus dem islamischen Spanien.
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  • Wenn dann noch der Ephebe den Wein kredenzt, oder schöne Sängerinnen das Gelage versüßen, ist auch der Bezug zum erotischen Gedicht, dem Ghasel der klassischen arabischen Literatur hergestellt [...] Genussfreudige und kunstsinnige Freunde treffen sich in einem von der Außenwelt abgetrennten Garten, um das Leben und die Liebe mit kreisenden Bechern zu feiern.
  • Während die qasida-Dichtung einen strengen Kanon von genau 16 quantitierenden Metren benutzt, gibt es in der Strophen-Dichtung von al-Andalus etwa die zehnfache Anzahl verschiedener Metren. Der klassische Kanon ist aufgebrochen […] Innerhalb einer Strophe können verschiedene Versmaße auch gemischt werden, längere sich mit kürzeren Versen verbinden, was in der quasida-Dichtung undenkbar ist. Bis heute streiten die Gelehrten darüber, ob der Strophendichtung von al-Andalus ein anderes Prinzip zugrunde liegt als der qasida-Dichtung; ob also nicht mehr die Quantität den Vers strukturiert, sondern eher der Akzent.
  • diese Kreuzung der Reime von bb cc dd ee usw. mit a erinnert an die regelmäßig angeordneten und einander kreuzenden Reihen von Perlen und Juwelen des Frauengürtels, eines Doppelgürtels. Man könnte übersetzen ‚Doppelgegürtete‘.
  • Bald wurde diese Dichtungsgattung im islamischen Spanien beliebt. Die älteste erhaltene romanische Harga steht in einer Muwaššaḥa, die vor dem Jahre 1042 entstanden ist. Damit kommen wir ein halbes Jahrhundert hinter die ältesten Trobadorlieder, die von Wilhelm von Aquitanien etwa um 1100 verfaßt wurden.
  • Am häufigsten wir die Ḫarǧa Knaben und Frauen in den Mund gelegt; dann muss sich in dem bayt, das der Ḫarǧa vorausgeht, ein verbum dicendi Verb des Sagens finden [...] Manche bekommen die Ḫarǧa nicht fertig und nehmen dann die eines Anderen zu Hilfe.
  • Die Ḫarǧa ist der Glanzpunkt des Muwaššaḥ, sein Salz, sein Zucker, sein Moschus, sein Ambra; sie ist der Ausgang und der muss besonders lobenswert sein, sie ist der Schluss, nein, vielmehr die Einleitung, obwohl sie am Ende steht; wenn ich sage: die Einleitung, so heißt das, dass vor allem anderen auf sie der Sinn des Dichters gerichtet sein muss; sie muss der, der ein Muwaššaḥ dichten will, zuerst anfertigen, bevor er durch Versmaß oder Reim gebunden ist, in einem Augenblick, wo er frei und ungebunden, vergnügt und sorgenlos ist. Er hat ja den Grund gefunden, er hat den Schwanz und setzt den Kopf darauf.
  • Bisweilen ist die Ḫarǧa in fremdsprachlichen Worten abgefasst; es ist aber dann Bedingung, dass die Worte in der fremden Sprache auch so recht wüst und wirr und kauderwelsch klingen.
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  • Muwaššaḥ (arabisch موشح, DMG muwaššaḥ ‚Gürtel-Poesie‘, Aussprache [mu'waʃːaħ]) ist eine arabisch-andalusische Strophen-Gedichtform, die sich strukturell, metrisch und sprachlich von ihren orientalischen Vorbildern Qasīda und Ghasel unterscheidet. Die Muwaššaḥ-Poesie ist im mittelalterlichen maurischen al-Ándalus im 10. Jahrhundert auf dem Boden des heutigen Spaniens als Lob- oder Liebeslied erfunden worden. Der Tradition nach gilt als Erfinder der Muwaššaḥ-Gattung der legendäre arabisch-andalusische Dichter Muqaddam ibn Muʿafa, el ciego de Cabra (der Blinde aus Cabra), der um 920 n. Chr. unweit von Córdoba lebte. (de)
  • Muwaššaḥ (arabisch موشح, DMG muwaššaḥ ‚Gürtel-Poesie‘, Aussprache [mu'waʃːaħ]) ist eine arabisch-andalusische Strophen-Gedichtform, die sich strukturell, metrisch und sprachlich von ihren orientalischen Vorbildern Qasīda und Ghasel unterscheidet. Die Muwaššaḥ-Poesie ist im mittelalterlichen maurischen al-Ándalus im 10. Jahrhundert auf dem Boden des heutigen Spaniens als Lob- oder Liebeslied erfunden worden. Der Tradition nach gilt als Erfinder der Muwaššaḥ-Gattung der legendäre arabisch-andalusische Dichter Muqaddam ibn Muʿafa, el ciego de Cabra (der Blinde aus Cabra), der um 920 n. Chr. unweit von Córdoba lebte. (de)
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  • Muwaššaḥ (de)
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