Bertolt Brecht entwickelte um 1930 in Zusammenarbeit mit den Musikern Kurt Weill, Paul Hindemith, Paul Dessau und Hanns Eisler das avantgardistische Konzept der Lehrstücke, um aus dem klassischen Theater und seinen Institutionen auszubrechen. Bewusst einfach gehalten, wendeten sich die Lehrstücke vor allem an Laien, die sich durch eigenes Spiel oder Beteiligung an Aufführungen aktiv mit Problemen der Zeit auseinandersetzen sollten. Als „Schulopern“ verfolgten sie reformpädagogische Ziele: Das gemeinsame Musizieren und Spielen sollte Gemeinschaftserlebnisse und musikalische Schulung verbinden.

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  • Bertolt Brecht entwickelte um 1930 in Zusammenarbeit mit den Musikern Kurt Weill, Paul Hindemith, Paul Dessau und Hanns Eisler das avantgardistische Konzept der Lehrstücke, um aus dem klassischen Theater und seinen Institutionen auszubrechen. Bewusst einfach gehalten, wendeten sich die Lehrstücke vor allem an Laien, die sich durch eigenes Spiel oder Beteiligung an Aufführungen aktiv mit Problemen der Zeit auseinandersetzen sollten. Als „Schulopern“ verfolgten sie reformpädagogische Ziele: Das gemeinsame Musizieren und Spielen sollte Gemeinschaftserlebnisse und musikalische Schulung verbinden. Im Kontext der musikalischen Avantgardebewegung suchten Musiker und Autor Alternativen zum traditionellen Opern- und Konzertbetrieb. Die experimentelle Form des „Lehrstücks“ sollte die Trennung von Musikern, Sängern und Zuschauern aufheben. Laien sollten die Stücke spielen, die Zuschauer im Stil des epischen Theaters mitdenken und urteilen, die Partien des Chors oder einzelne Rollen mitsingen. Die Laienarbeit war dabei körperorientiert: Durch „Gestik“ und „Haltung“ der dargestellten Figuren sollten gesellschaftliche Konflikte erfahrbar werden. Lernprozesse sollte die Arbeit an den Lehrstücken auch bei Komponisten, dem Autor und professionellen Darstellern auslösen. Ziel war die Entwicklung einer einfachen und klaren Form, die dennoch musikalisch und inhaltlich ein hohes Niveau hielt. Dabei spielten Diskussionen mit Laiendarstellern und Publikum eine Rolle. Trotz Klarheit und Strenge des Konzepts waren Kreativität und Improvisationen der Darsteller erwünscht. Vor allem Brecht und Weill entwickelten in Theorie und Praxis Ideen, den Lehrstücken Wege in das damals neue Massenmedium Rundfunk zu eröffnen. Sie wollten die Stücke über den Rundfunk bekannt machen, um sich ein Massenpublikum zu erschließen. Dabei versuchten sie auch, das Massenmedium umzufunktionieren, indem die Zuhörer aktiviert wurden, etwa indem sie einen Part des gesendeten Stückes zu Hause singen oder zumindest mitsingen sollten. Die Stücke entstanden meist in enger Zusammenarbeit mit Komponisten. Aufgrund von Brechts Weiterentwicklung der Texte nach Aufführungen und Kritiken bestehen für einige der von Brecht überarbeiteten Texte keine Vertonungen mehr. Musikalische Realisierungen müssen deshalb meist auf die erste Version zurückgreifen. Thematisch beschäftigen sich die Stücke regelmäßig mit dem Gegensatz zwischen Individuum und Gemeinschaft, häufig dargestellt in Form von Reisen, auf denen das Individuum mit den Ansprüchen eines Kollektivs oder den Zwängen von Natur und Gesellschaft konfrontiert wird. Diese Widersprüche werden zugespitzt auf die Frage, ob das Individuum bereit sein muss, sich dem Kollektiv zu opfern. (de)
  • Bertolt Brecht entwickelte um 1930 in Zusammenarbeit mit den Musikern Kurt Weill, Paul Hindemith, Paul Dessau und Hanns Eisler das avantgardistische Konzept der Lehrstücke, um aus dem klassischen Theater und seinen Institutionen auszubrechen. Bewusst einfach gehalten, wendeten sich die Lehrstücke vor allem an Laien, die sich durch eigenes Spiel oder Beteiligung an Aufführungen aktiv mit Problemen der Zeit auseinandersetzen sollten. Als „Schulopern“ verfolgten sie reformpädagogische Ziele: Das gemeinsame Musizieren und Spielen sollte Gemeinschaftserlebnisse und musikalische Schulung verbinden. Im Kontext der musikalischen Avantgardebewegung suchten Musiker und Autor Alternativen zum traditionellen Opern- und Konzertbetrieb. Die experimentelle Form des „Lehrstücks“ sollte die Trennung von Musikern, Sängern und Zuschauern aufheben. Laien sollten die Stücke spielen, die Zuschauer im Stil des epischen Theaters mitdenken und urteilen, die Partien des Chors oder einzelne Rollen mitsingen. Die Laienarbeit war dabei körperorientiert: Durch „Gestik“ und „Haltung“ der dargestellten Figuren sollten gesellschaftliche Konflikte erfahrbar werden. Lernprozesse sollte die Arbeit an den Lehrstücken auch bei Komponisten, dem Autor und professionellen Darstellern auslösen. Ziel war die Entwicklung einer einfachen und klaren Form, die dennoch musikalisch und inhaltlich ein hohes Niveau hielt. Dabei spielten Diskussionen mit Laiendarstellern und Publikum eine Rolle. Trotz Klarheit und Strenge des Konzepts waren Kreativität und Improvisationen der Darsteller erwünscht. Vor allem Brecht und Weill entwickelten in Theorie und Praxis Ideen, den Lehrstücken Wege in das damals neue Massenmedium Rundfunk zu eröffnen. Sie wollten die Stücke über den Rundfunk bekannt machen, um sich ein Massenpublikum zu erschließen. Dabei versuchten sie auch, das Massenmedium umzufunktionieren, indem die Zuhörer aktiviert wurden, etwa indem sie einen Part des gesendeten Stückes zu Hause singen oder zumindest mitsingen sollten. Die Stücke entstanden meist in enger Zusammenarbeit mit Komponisten. Aufgrund von Brechts Weiterentwicklung der Texte nach Aufführungen und Kritiken bestehen für einige der von Brecht überarbeiteten Texte keine Vertonungen mehr. Musikalische Realisierungen müssen deshalb meist auf die erste Version zurückgreifen. Thematisch beschäftigen sich die Stücke regelmäßig mit dem Gegensatz zwischen Individuum und Gemeinschaft, häufig dargestellt in Form von Reisen, auf denen das Individuum mit den Ansprüchen eines Kollektivs oder den Zwängen von Natur und Gesellschaft konfrontiert wird. Diese Widersprüche werden zugespitzt auf die Frage, ob das Individuum bereit sein muss, sich dem Kollektiv zu opfern. (de)
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  • Bertolt Brecht entwickelte um 1930 in Zusammenarbeit mit den Musikern Kurt Weill, Paul Hindemith, Paul Dessau und Hanns Eisler das avantgardistische Konzept der Lehrstücke, um aus dem klassischen Theater und seinen Institutionen auszubrechen. Bewusst einfach gehalten, wendeten sich die Lehrstücke vor allem an Laien, die sich durch eigenes Spiel oder Beteiligung an Aufführungen aktiv mit Problemen der Zeit auseinandersetzen sollten. Als „Schulopern“ verfolgten sie reformpädagogische Ziele: Das gemeinsame Musizieren und Spielen sollte Gemeinschaftserlebnisse und musikalische Schulung verbinden. (de)
  • Bertolt Brecht entwickelte um 1930 in Zusammenarbeit mit den Musikern Kurt Weill, Paul Hindemith, Paul Dessau und Hanns Eisler das avantgardistische Konzept der Lehrstücke, um aus dem klassischen Theater und seinen Institutionen auszubrechen. Bewusst einfach gehalten, wendeten sich die Lehrstücke vor allem an Laien, die sich durch eigenes Spiel oder Beteiligung an Aufführungen aktiv mit Problemen der Zeit auseinandersetzen sollten. Als „Schulopern“ verfolgten sie reformpädagogische Ziele: Das gemeinsame Musizieren und Spielen sollte Gemeinschaftserlebnisse und musikalische Schulung verbinden. (de)
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  • Lehrstück (Theater) (de)
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