Das Königreich Ägypten (arabisch المملكة المصرية‎, DMG al-Mamlakat al-Miṣrīya), auch (Neues) Ägyptisches Reich (arabisch الإمبراطورية المصرية الجديدة‎, DMG al'iimbiraturiat almisriat aljadida) genannt, bezeichnet den Gesamtstaat des Reiches der Muhammad Ali-Dynastie in Nord- und Ostafrika in seiner letzten Phase im Zeitraum von 1922 bis 1953.

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  • Das Königreich Ägypten (arabisch المملكة المصرية‎, DMG al-Mamlakat al-Miṣrīya), auch (Neues) Ägyptisches Reich (arabisch الإمبراطورية المصرية الجديدة‎, DMG al'iimbiraturiat almisriat aljadida) genannt, bezeichnet den Gesamtstaat des Reiches der Muhammad Ali-Dynastie in Nord- und Ostafrika in seiner letzten Phase im Zeitraum von 1922 bis 1953. Das Königreich wurde am 28. Februar 1922 vom Vereinigten Königreich Großbritannien und Irland in die staatliche Unabhängigkeit entlassen und entstand mit der Proklamation des bisherigen Sultans Fu’ad I. zum König am 15. März 1922. Vorausgegangen war dem 1919 ein Volksaufstand gegen die Kolonialmacht. Damit war nach über 2000 Jahren mehrerer Fremdherrschaften unter einer monarchistischen Staatsform erstmals wieder ein souveräner ägyptischer Nationalstaat entstanden. Das Königreich Ägypten erstreckte sich über das Territorium der heutigen Republiken Ägypten, Sudan und Südsudan und umfasste zeitweise Teile der Staaten Libyen (Großteil der historischen Region Kyrenaika) und Tschad (Regionen Ennedi und Borkou) und das umstrittene Ilemi-Dreieck (heute von Kenia kontrolliert) und war bislang der größte neuzeitliche Staat Afrikas und zur damaligen Zeit der sechstgrößte Staat der Erde. Mit über 27 Millionen Einwohnern war die Monarchie auch das bevölkerungsreichste Land des Nahen Ostens. Das Land hatte dadurch eine enorme politische und kulturelle Ausstrahlung in der arabischen und islamischen Welt und war als eine quasi „regionale wirtschaftliche und militärische Großmacht“ fast drei Jahrzehnte die entschiedene Macht im Nahen Osten, Vorderasien und Ostafrika. Während der Zeit des Königreichs war Ägypten wirtschafts- und sozialgeschichtlich durch eine schnelle Industrialisierung und einen gesellschaftlichen Modernisierungskurs geprägt, der unter anderem auf eine radikale Säkularisierung, die weitgehende Gleichstellung der Geschlechter, sowie eine Verbesserung des Lebensstandardes abzielte. Ökonomisch entwickelte sich das Land von einem Agrar- zum ersten Industriestaat Afrikas. Durch den Ausbau des Handels mit Baumwolle und des Bankwesens gewann der Dienstleistungssektor auch an Bedeutung. Diese wirtschaftliche und gesellschaftliche Stabilisierungsphase dauerte von 1922 bis 1939. Kennzeichnend für den demographischen Wandel in der Monarchie waren ein rapides Bevölkerungswachstum, Binnenwanderung, Urbanisierung und die intensivierte Zuwanderung von europäischen Ausländern. Die dadurch entstandene Zunahme der städtischen Arbeiterbevölkerung und der Aufstieg des Großbürgertums waren prägende Ereignisse. Trotzdem konnten die ägyptische und sudanesische Aristokratie ihr hohes Sozialprestige, ihre dominante Rolle beim Militär, in der Diplomatie und der höheren Zivilverwaltung behaupten. Durch den Aufstieg von mehreren Massenverbänden und -parteien gewann zudem die öffentliche Meinung an Gewicht. Die innen- und außenpolitische Entwicklung wurde vor allem in den Anfangsjahren von der nationalistischen Wafd-Partei bestimmt. Deren verschiedene Regierungen setzten auf einen relativ liberalen Kurs mit vielen politischen und gesellschaftlichen Reformen. Außenpolitisch versuchte man das Reich durch ein komplexes Bündnissystem mit den Großmächten Italien, Frankreich und Großbritannien abzusichern (z. B. Anglo-Ägyptischer Vertrag von 1936). Die Phase nach dem Tod von König Fu’ad I. 1936 führte zu einer erheblichen persönlichen Einflussnahme seines Sohnes Faruq auf die Tagespolitik. Auch war seine Regierungszeit von Korruption und einer widersprüchlichen Außenpolitik geprägt, die zwischen einer Anlehnung an die faschistischen Diktaturen in Europa und die westlichen demokratischen Staaten schwankte und am Vorabend des Zweiten Weltkriegs Ägypten letztendlich in die Isolation führte. Auch die wirtschaftliche Situation verschlechterte sich mit der Weltwirtschaftskrise ab 1930 zunehmend. Der danach beginnende Aufstieg der faschistischen Jungägyptischen Partei und der islamistischen Muslimbruderschaft führten zu einer fünfjährigen Diktatur (1930–1935). 1940 wurde Ägypten von Großbritannien besetzt. Das Land war dabei in einen Mehrfrontenkrieg verwickelt und erst 1942 konnten die Truppen des britischen Weltreichs die seit 1940 andauernde Invasion der Achsenmächte abwehren. Die aus dem Krieg resultierende tiefe ökonomische und politische Krise 1946 und der weiterhin beträchtliche britische Einfluss führten zu einem starken Rückhaltverlust der Monarchie in der Bevölkerung und dem Militär. Der Niedergang und das Ende des Reiches kam im Fahrwasser des Kalten Krieges. In diesem gewann das Königreich zunächst als strategisch bedeutende Macht enormen geopolitischen Einfluss. Als zunächst pro-westlicher blockfreier Staat intervenierte das Land symbolisch erfolgreich im Griechischen Bürgerkrieg gegen die dortigen kommunistischen Aufständischen. Mit der Niederlage ägyptisch-arabischer Truppen gegen den neuentstandenen Staat Israel im Palästinakrieg 1948/49 verlor Ägypten seine Machtstellung in der Region und brach 1951 politisch mit dem Westen. Die in der Nachkriegszeit zunehmende Unterdrückung der linksliberalen, kommunistischen und islamistischen Opposition führte zu vielseitigen gesellschaftlichen Spannungen, die in der „Revolution des 23. Juli“ 1952, in der Faruq gestützt wurde, kulminierten. Die darauffolgende Diktatur des Militärs während Herrschaftszeit des minderjährigen Fu’ad II. bis 1953 führte zu einer verstärkten Anlehnung an die Sowjetunion und deren Satellitenstaaten und zum Erstarken des arabischen Nationalismus. Am 18. Juni 1953 wurde die jahrhundertealte Monarchie abgeschafft und das Gebiet des Reiches aufgeteilt. Der nördliche Landesteil wurde im gleichen Jahr zur Republik Ägypten, der südliche 1956 zur Republik Sudan. Die beiden nachfolgenden Staaten schafften die Aristokratie ab, verwiesen die Muhammad Ali-Dynastie des Landes und Ägypten führte eine Landreform durch. Nicht zuletzt aufgrund der Erfahrungen der nachfolgenden Jahrzehnte (Sechstagekrieg 1967, Erstarken des Islamismus, Diktatur von Husni Mubarak 1983–2011, Militärherrschaft und Sezessionskrieg im Sudan 1969–1985 und 1983–2005) gibt es in den heutigen Nachfolgestaaten eine vielseitig positive Erinnerungskultur zum Königreich Ägypten. (de)
  • Das Königreich Ägypten (arabisch المملكة المصرية‎, DMG al-Mamlakat al-Miṣrīya), auch (Neues) Ägyptisches Reich (arabisch الإمبراطورية المصرية الجديدة‎, DMG al'iimbiraturiat almisriat aljadida) genannt, bezeichnet den Gesamtstaat des Reiches der Muhammad Ali-Dynastie in Nord- und Ostafrika in seiner letzten Phase im Zeitraum von 1922 bis 1953. Das Königreich wurde am 28. Februar 1922 vom Vereinigten Königreich Großbritannien und Irland in die staatliche Unabhängigkeit entlassen und entstand mit der Proklamation des bisherigen Sultans Fu’ad I. zum König am 15. März 1922. Vorausgegangen war dem 1919 ein Volksaufstand gegen die Kolonialmacht. Damit war nach über 2000 Jahren mehrerer Fremdherrschaften unter einer monarchistischen Staatsform erstmals wieder ein souveräner ägyptischer Nationalstaat entstanden. Das Königreich Ägypten erstreckte sich über das Territorium der heutigen Republiken Ägypten, Sudan und Südsudan und umfasste zeitweise Teile der Staaten Libyen (Großteil der historischen Region Kyrenaika) und Tschad (Regionen Ennedi und Borkou) und das umstrittene Ilemi-Dreieck (heute von Kenia kontrolliert) und war bislang der größte neuzeitliche Staat Afrikas und zur damaligen Zeit der sechstgrößte Staat der Erde. Mit über 27 Millionen Einwohnern war die Monarchie auch das bevölkerungsreichste Land des Nahen Ostens. Das Land hatte dadurch eine enorme politische und kulturelle Ausstrahlung in der arabischen und islamischen Welt und war als eine quasi „regionale wirtschaftliche und militärische Großmacht“ fast drei Jahrzehnte die entschiedene Macht im Nahen Osten, Vorderasien und Ostafrika. Während der Zeit des Königreichs war Ägypten wirtschafts- und sozialgeschichtlich durch eine schnelle Industrialisierung und einen gesellschaftlichen Modernisierungskurs geprägt, der unter anderem auf eine radikale Säkularisierung, die weitgehende Gleichstellung der Geschlechter, sowie eine Verbesserung des Lebensstandardes abzielte. Ökonomisch entwickelte sich das Land von einem Agrar- zum ersten Industriestaat Afrikas. Durch den Ausbau des Handels mit Baumwolle und des Bankwesens gewann der Dienstleistungssektor auch an Bedeutung. Diese wirtschaftliche und gesellschaftliche Stabilisierungsphase dauerte von 1922 bis 1939. Kennzeichnend für den demographischen Wandel in der Monarchie waren ein rapides Bevölkerungswachstum, Binnenwanderung, Urbanisierung und die intensivierte Zuwanderung von europäischen Ausländern. Die dadurch entstandene Zunahme der städtischen Arbeiterbevölkerung und der Aufstieg des Großbürgertums waren prägende Ereignisse. Trotzdem konnten die ägyptische und sudanesische Aristokratie ihr hohes Sozialprestige, ihre dominante Rolle beim Militär, in der Diplomatie und der höheren Zivilverwaltung behaupten. Durch den Aufstieg von mehreren Massenverbänden und -parteien gewann zudem die öffentliche Meinung an Gewicht. Die innen- und außenpolitische Entwicklung wurde vor allem in den Anfangsjahren von der nationalistischen Wafd-Partei bestimmt. Deren verschiedene Regierungen setzten auf einen relativ liberalen Kurs mit vielen politischen und gesellschaftlichen Reformen. Außenpolitisch versuchte man das Reich durch ein komplexes Bündnissystem mit den Großmächten Italien, Frankreich und Großbritannien abzusichern (z. B. Anglo-Ägyptischer Vertrag von 1936). Die Phase nach dem Tod von König Fu’ad I. 1936 führte zu einer erheblichen persönlichen Einflussnahme seines Sohnes Faruq auf die Tagespolitik. Auch war seine Regierungszeit von Korruption und einer widersprüchlichen Außenpolitik geprägt, die zwischen einer Anlehnung an die faschistischen Diktaturen in Europa und die westlichen demokratischen Staaten schwankte und am Vorabend des Zweiten Weltkriegs Ägypten letztendlich in die Isolation führte. Auch die wirtschaftliche Situation verschlechterte sich mit der Weltwirtschaftskrise ab 1930 zunehmend. Der danach beginnende Aufstieg der faschistischen Jungägyptischen Partei und der islamistischen Muslimbruderschaft führten zu einer fünfjährigen Diktatur (1930–1935). 1940 wurde Ägypten von Großbritannien besetzt. Das Land war dabei in einen Mehrfrontenkrieg verwickelt und erst 1942 konnten die Truppen des britischen Weltreichs die seit 1940 andauernde Invasion der Achsenmächte abwehren. Die aus dem Krieg resultierende tiefe ökonomische und politische Krise 1946 und der weiterhin beträchtliche britische Einfluss führten zu einem starken Rückhaltverlust der Monarchie in der Bevölkerung und dem Militär. Der Niedergang und das Ende des Reiches kam im Fahrwasser des Kalten Krieges. In diesem gewann das Königreich zunächst als strategisch bedeutende Macht enormen geopolitischen Einfluss. Als zunächst pro-westlicher blockfreier Staat intervenierte das Land symbolisch erfolgreich im Griechischen Bürgerkrieg gegen die dortigen kommunistischen Aufständischen. Mit der Niederlage ägyptisch-arabischer Truppen gegen den neuentstandenen Staat Israel im Palästinakrieg 1948/49 verlor Ägypten seine Machtstellung in der Region und brach 1951 politisch mit dem Westen. Die in der Nachkriegszeit zunehmende Unterdrückung der linksliberalen, kommunistischen und islamistischen Opposition führte zu vielseitigen gesellschaftlichen Spannungen, die in der „Revolution des 23. Juli“ 1952, in der Faruq gestützt wurde, kulminierten. Die darauffolgende Diktatur des Militärs während Herrschaftszeit des minderjährigen Fu’ad II. bis 1953 führte zu einer verstärkten Anlehnung an die Sowjetunion und deren Satellitenstaaten und zum Erstarken des arabischen Nationalismus. Am 18. Juni 1953 wurde die jahrhundertealte Monarchie abgeschafft und das Gebiet des Reiches aufgeteilt. Der nördliche Landesteil wurde im gleichen Jahr zur Republik Ägypten, der südliche 1956 zur Republik Sudan. Die beiden nachfolgenden Staaten schafften die Aristokratie ab, verwiesen die Muhammad Ali-Dynastie des Landes und Ägypten führte eine Landreform durch. Nicht zuletzt aufgrund der Erfahrungen der nachfolgenden Jahrzehnte (Sechstagekrieg 1967, Erstarken des Islamismus, Diktatur von Husni Mubarak 1983–2011, Militärherrschaft und Sezessionskrieg im Sudan 1969–1985 und 1983–2005) gibt es in den heutigen Nachfolgestaaten eine vielseitig positive Erinnerungskultur zum Königreich Ägypten. (de)
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  • The Economic Development of the Middle East: An Outline of Planned Reconstruction after the War (de)
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  • Das Königreich Ägypten (arabisch المملكة المصرية‎, DMG al-Mamlakat al-Miṣrīya), auch (Neues) Ägyptisches Reich (arabisch الإمبراطورية المصرية الجديدة‎, DMG al'iimbiraturiat almisriat aljadida) genannt, bezeichnet den Gesamtstaat des Reiches der Muhammad Ali-Dynastie in Nord- und Ostafrika in seiner letzten Phase im Zeitraum von 1922 bis 1953. (de)
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