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- Die vor Alters streitbaren Inwohner von Lemnos, heutiges Tages Stalimene, einer der fürnehmsten Insuln des sogenannten Archipelagi oder Ægeischen Meeres, waren nach dem nahe bey liegenden Thracien übergeschiffet und davon durch die Waffen Meister geworden; Indem sie sich aber in ihrer Eroberung feste zu setzen suchten, liessen sie sich von ihren sie liebkosenden Feindinnen, denen Töchtern selbiges Landes, dermassen einnehmen, daß sie darüber der Rückkehr in ihr Vaterland und ihrer allda hinterlassenen Weiber und Kinder fast gäntzlich vergassen, durch welche Verächtlichkeit und geteuschte Sehnsucht diese ihre vorige Liebe in einen hefftigen Haß zu verwandeln angetrieben wurden.
Ob nun zwar endlich Toantes, jener ihr König und Heerführer, sie zu der Heimreise überredete, weil er die Verlobung seiner eintzigen Tochter und Erbin, der Issipile, mit Jason, dem Fürsten Thessaliens, vollziehen lassen, und dabey gerne selbst gegenwärtig seyn wollte, so war doch sothane Wiederkunfft denen Weibern in Lemnos gar nicht angenehm, denn es stack ihnen nicht nur der Groll wegen des langen Aussenbleibens ihrer Männer noch im Kopffe, sondern es hatte sich auch ein falsches Geschrey unter ihnen ausgebreitet, als ob ihre verhasste Nebenbuhlerinnen, ihnen zum empfindlichsten Schimpffe und Abbruche, aus Thracien mitkommen würden: Worüber dann die Eifersucht in eine solche Wuth ausschlug, daß sie einhellig beschlossen, das sämtliche Mannsvolck bey dessen Ankunfft zu ermorden, welches sie auch unter dem Scheine einer zärtlichen Bewillkommung und Umarmung bewerckstelligten, worzu ihnen das eben um dieselbe Zeit einfallende Bacchus-Fest um desto mehr beförderlich war, als an welchem vermöge des gebräuchlichen Heydnischen Götzen-Dienstes denen Weibern frey stund, sich vollzusauffen und nach Belieben zu schwärmen und zu rasen, mithin unter dergleichen Lärmen das klägliche Schreyen derer Umkommenden nicht so leicht vernommen werden konnte.
Issipile, die billig den äussersten Abscheu trug, ihren Vater um das Leben zu bringen, und keine Gelegenheit hatte, ihn zu wahrschauen, bevor er in Lemnos anlangte, fiel demnach auf den klugen Rath, sich gleich dem übrigen Frauenvolcke toll und ergrimmt zu bezeigen, und errettete ihn unter dieser Verstellung, fürgebend, daß sie ihn mit eigner Hand getödtet hätte; Es kahm aber der tugendhaften Prinzeßin die mitleidentliche List sehr theuer zu stehen, denn sie durffte die Wahrheit nicht offenbaren, weil sie sonst selber des Lebens nicht sicher gewesen wäre, und da sie solche verschwieg, so zog sie sich den Haß ihres geliebten Jasons auf den Hals, welcher damahls auch mit seinen Argonauten auf der Küste von Lemnos gelandet war.
Eurinome, die nebst gedachter allgemeinen noch eine sie besonders angehende Ursache hatte, warff sich zur Rädelsführerin der Weiblichen Zusammenschwörung auf: Denn nachdem Learchus, ihr Sohn, der die Issipile schon lange geliebet und vergebens zur Braut, ja sie freventlich zu entführen gesuchet, deswegen und um dem Zorne des Toantes zu entweichen, Land-flüchtig werden muste, wobei er ein Gerüchte, ob hätte er sich aus Verzweifelung selbst umgebracht, ausgesprenget, so veranlasste sein vermeynter Tod bey der Eurinome gegen den König eine unversöhnliche Rachgier, die sie bey dessen Zurückkunfft, unter dem Fürwande einer zu ahndenden Beleidigung des Weiblichen Geschlechtes überhaupt, zu kühlen und auszuüben gesonnen war.
Indessen hatte sich der verbannete Learchus zu einer Bande von See-Räubern geschlagen, deren Hauptman er geworden, und weil ihm ungeachtet und seit seiner langen Entfernung die Liebe zur Issipile doch noch beständig im Sinne lag, so wagte er bey Vernehmung, daß ihre Hochzeit mit dem Jason für sich gehen sollte, noch einen Streich, und stieg mit seinem Gesindel auf dem Eylande Lemnos unvermerckt aus, um die Entführung der Prinzeßin von neuen zu unternehmen, oder wenigstens die Vermählung zu hindern, worinnen es ihm auch in so weit glückte, daß er den alten Toantes gefangen bekahm und damit die Gegenliebe der Tochter zu erzwingen hoffte.
Was die Rodope betrifft, so spielet sie ihre Rolle auf gewisse Art zwar ziemlich gleichgültig, jedoch kömmt ihre Edelmüthigkeit, da sie ihrem falschen Liebhaber, dem Learchus das Leben erhält, auch wohl in Anmerckung, und sie kan manchen allzuhitzigen Frauenzimmer zu einem Spiegel dienen.
Endlich gewinnet alles einen gewünschten Ausgang, und Issipile, nachdem ihr der unsinnig verliebte Learchus genug Hertzens-Quaal angethan, siehet denselben, sich und seine Bosheit selbst bestrafen, ihren Vater befreyet, die Unruhe in Lemnos gestillet, und bekömmt den Jason, nach Benehmung seines gehegten Zweifels, als Gemahl an ihrer Seite.
Solches ist ungefähr der Inhalt gegenwärtig aufzuführender Geschichte, davon Herodotus, Ovidius, Statius, Apolodorus und andre alte Scribenten nachgelesen werden können, in Betracht derer hinzugefügten Erdichtungen aber muß der Teutsche Uebersetzer dem Italischen Poeten zum Ruhme nachsagen, daß hier alles, was an Intrigue, Surprise, Sitten-Lehre, Erhebung, Wettstreite und Vermischung von Affecten etc. zu einem rechtschaffenen Theatralischen Stücke erfordert wird, unvergleichlich wohl angebracht sey, insonderheit thut sich die Zärtlichkeit der Kindes-Pflicht hervor, da ihr so gar die Liebe zu einem vollkommen würdigen Bräutigam nachgiebt, daher man auch dem Wercke den Titul, Sieg der Kindlichen Liebe, vorzusetzen nicht umhin gekommt hat. Die Fürtrefflichkeit der Musik dieses Sing-Spieles will man nicht erst lange heraus streichen, sondern das Urtheil davon dem delicaten Geschmacke eines unpartheyischen Kenners überlassen; Schlüßlich um die Midas-Ohren und Thamyras-Blindheit eines Nasenweisen Geelschnabels oder sonst unverständigen Tadlers unbekümmert bleibend, als den man einiger Antwort niemahls werth achten wird.
::O Lampe, die du dir recht schön zu leuchten dünckst,
::Dir selber blos wohl reuchst, und doch bei andern stinckst,
:Laß deiner Weisheit Glantz nur bey den Hottentotten,
:Bey tausend Lichtern muß der Schau-Platz deiner spotten!
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