Das Gibbssche Paradoxon ist ein Begriff aus der statistischen Mechanik, der sich auf die Mischungsentropie bezieht. Das ist der Zuwachs der Entropie, der durch die Vermischung zweier homogener, einphasiger Stoffe entsteht. Die klassische Physik sagt hier immer eine Zunahme der Entropie voraus, während die Experimente diese Mischungsentropie nur für den Fall bestätigen, dass die beiden Stoffe verschieden sind. Das Mischen zweier gleicher Stoffe (z. B. chemisch reiner Sauerstoff aus zwei Gasleitungen) lässt hingegen die Entropie ungeändert. Benannt wurde das Paradoxon nach seinem Entdecker Josiah Willard Gibbs, der Ende des 19. Jahrhunderts mit der klassischen statistischen Physik berechnete, um wie viel sich durch die Mischung das erreichbare Phasenraumvolumen vergrößert, woraus er die verm

Property Value
dbo:abstract
  • Das Gibbssche Paradoxon ist ein Begriff aus der statistischen Mechanik, der sich auf die Mischungsentropie bezieht. Das ist der Zuwachs der Entropie, der durch die Vermischung zweier homogener, einphasiger Stoffe entsteht. Die klassische Physik sagt hier immer eine Zunahme der Entropie voraus, während die Experimente diese Mischungsentropie nur für den Fall bestätigen, dass die beiden Stoffe verschieden sind. Das Mischen zweier gleicher Stoffe (z. B. chemisch reiner Sauerstoff aus zwei Gasleitungen) lässt hingegen die Entropie ungeändert. Benannt wurde das Paradoxon nach seinem Entdecker Josiah Willard Gibbs, der Ende des 19. Jahrhunderts mit der klassischen statistischen Physik berechnete, um wie viel sich durch die Mischung das erreichbare Phasenraumvolumen vergrößert, woraus er die vermeintlich allgemeingültige Formel für die Mischungsentropie ableitete. Nach der klassischen Physik ist die Herleitung durch Gibbs absolut korrekt: Jedes Atom (oder Molekül) könnte durch eine Nummer markiert werden, z. B. vor der Vermischung ungerade Nummern für die Teilchen der einen Stoffmenge und gerade für die der anderen. Nach der Vermischung würden Teilchen mit gerader und ungerader Identifikationsnummer sich beliebig verteilen können. Vertauschen zwei ihre Plätze, entsteht ein neuer (Mikro-)Zustand des Gemischs mit äußerlich gleichen Eigenschaften (Makrozustand). So ergibt sich eine erhebliche Vermehrung der möglichen (Mikro-)Zustände zu jedem Makrozustand. Das führt im Rahmen der klassischen Physik zwingend zur Entropiezunahme. Da man diese Zunahme im Falle der Vermischung gleicher Teilchen nicht beobachtet, muss die Argumentation dahingehend geändert werden, dass beim Abzählen der möglichen Zustände das Vertauschen zweier gleicher Teilchen unzulässig ist. Diese Regel findet in der Quantenmechanik ihre tiefere Begründung: Alle gleichartigen Elementarteilchen und die daraus aufgebauten Atome bzw. Moleküle (sofern sie sich im gleichen Quantenzustand befinden), sind vollkommen identisch und damit ununterscheidbar. Selbst das gedachte Anbringen einer Nummerierung ist ein Widerspruch in sich. Moderne Formulierungen der Vielteilchenphysik kommen dementsprechend ganz ohne die Nummerierung der Teilchen (oder ihrer Koordinaten) aus.Aus diesem Grund tritt das Paradoxon in der modernen Physik nicht auf. (de)
  • Das Gibbssche Paradoxon ist ein Begriff aus der statistischen Mechanik, der sich auf die Mischungsentropie bezieht. Das ist der Zuwachs der Entropie, der durch die Vermischung zweier homogener, einphasiger Stoffe entsteht. Die klassische Physik sagt hier immer eine Zunahme der Entropie voraus, während die Experimente diese Mischungsentropie nur für den Fall bestätigen, dass die beiden Stoffe verschieden sind. Das Mischen zweier gleicher Stoffe (z. B. chemisch reiner Sauerstoff aus zwei Gasleitungen) lässt hingegen die Entropie ungeändert. Benannt wurde das Paradoxon nach seinem Entdecker Josiah Willard Gibbs, der Ende des 19. Jahrhunderts mit der klassischen statistischen Physik berechnete, um wie viel sich durch die Mischung das erreichbare Phasenraumvolumen vergrößert, woraus er die vermeintlich allgemeingültige Formel für die Mischungsentropie ableitete. Nach der klassischen Physik ist die Herleitung durch Gibbs absolut korrekt: Jedes Atom (oder Molekül) könnte durch eine Nummer markiert werden, z. B. vor der Vermischung ungerade Nummern für die Teilchen der einen Stoffmenge und gerade für die der anderen. Nach der Vermischung würden Teilchen mit gerader und ungerader Identifikationsnummer sich beliebig verteilen können. Vertauschen zwei ihre Plätze, entsteht ein neuer (Mikro-)Zustand des Gemischs mit äußerlich gleichen Eigenschaften (Makrozustand). So ergibt sich eine erhebliche Vermehrung der möglichen (Mikro-)Zustände zu jedem Makrozustand. Das führt im Rahmen der klassischen Physik zwingend zur Entropiezunahme. Da man diese Zunahme im Falle der Vermischung gleicher Teilchen nicht beobachtet, muss die Argumentation dahingehend geändert werden, dass beim Abzählen der möglichen Zustände das Vertauschen zweier gleicher Teilchen unzulässig ist. Diese Regel findet in der Quantenmechanik ihre tiefere Begründung: Alle gleichartigen Elementarteilchen und die daraus aufgebauten Atome bzw. Moleküle (sofern sie sich im gleichen Quantenzustand befinden), sind vollkommen identisch und damit ununterscheidbar. Selbst das gedachte Anbringen einer Nummerierung ist ein Widerspruch in sich. Moderne Formulierungen der Vielteilchenphysik kommen dementsprechend ganz ohne die Nummerierung der Teilchen (oder ihrer Koordinaten) aus.Aus diesem Grund tritt das Paradoxon in der modernen Physik nicht auf. (de)
dbo:isbn
  • 9783642050978
dbo:originalTitle
  • Thermodynamik: Von der Mikrophysik zur Makrophysik (Kap. 5.5) (de)
  • Thermodynamik: Von der Mikrophysik zur Makrophysik (Kap. 5.5) (de)
dbo:wikiPageID
  • 1003954 (xsd:integer)
dbo:wikiPageRevisionID
  • 145358161 (xsd:integer)
prop-de:autor
  • Klaus Stierstadt, Günther Fischer
prop-de:jahr
  • 2010 (xsd:integer)
prop-de:ort
  • Berlin, New York
dc:publisher
  • Springer
dct:subject
rdf:type
rdfs:comment
  • Das Gibbssche Paradoxon ist ein Begriff aus der statistischen Mechanik, der sich auf die Mischungsentropie bezieht. Das ist der Zuwachs der Entropie, der durch die Vermischung zweier homogener, einphasiger Stoffe entsteht. Die klassische Physik sagt hier immer eine Zunahme der Entropie voraus, während die Experimente diese Mischungsentropie nur für den Fall bestätigen, dass die beiden Stoffe verschieden sind. Das Mischen zweier gleicher Stoffe (z. B. chemisch reiner Sauerstoff aus zwei Gasleitungen) lässt hingegen die Entropie ungeändert. Benannt wurde das Paradoxon nach seinem Entdecker Josiah Willard Gibbs, der Ende des 19. Jahrhunderts mit der klassischen statistischen Physik berechnete, um wie viel sich durch die Mischung das erreichbare Phasenraumvolumen vergrößert, woraus er die verm (de)
  • Das Gibbssche Paradoxon ist ein Begriff aus der statistischen Mechanik, der sich auf die Mischungsentropie bezieht. Das ist der Zuwachs der Entropie, der durch die Vermischung zweier homogener, einphasiger Stoffe entsteht. Die klassische Physik sagt hier immer eine Zunahme der Entropie voraus, während die Experimente diese Mischungsentropie nur für den Fall bestätigen, dass die beiden Stoffe verschieden sind. Das Mischen zweier gleicher Stoffe (z. B. chemisch reiner Sauerstoff aus zwei Gasleitungen) lässt hingegen die Entropie ungeändert. Benannt wurde das Paradoxon nach seinem Entdecker Josiah Willard Gibbs, der Ende des 19. Jahrhunderts mit der klassischen statistischen Physik berechnete, um wie viel sich durch die Mischung das erreichbare Phasenraumvolumen vergrößert, woraus er die verm (de)
rdfs:label
  • Gibbssches Paradoxon (de)
  • Gibbssches Paradoxon (de)
owl:sameAs
prov:wasDerivedFrom
foaf:isPrimaryTopicOf
is dbo:wikiPageRedirects of
is foaf:primaryTopic of