Als freie Gewerkschaften bezeichnet man in Deutschland die sozialistisch orientierte Gewerkschaftsorganisation des 19. und 20. Jahrhunderts. Der Begriff „frei“ ist ein im Laufe der Zeit aufgekommener Zusatz, um die Organisationen von den konkurrierenden liberalen Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereinen auf der einen Seite und den christlichen Gewerkschaften auf der anderen Seite zu unterscheiden. Auch in Österreich wurden aus demselben Grund die sozialistischen Organisationen als freie Gewerkschaften bezeichnet.

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  • Als freie Gewerkschaften bezeichnet man in Deutschland die sozialistisch orientierte Gewerkschaftsorganisation des 19. und 20. Jahrhunderts. Der Begriff „frei“ ist ein im Laufe der Zeit aufgekommener Zusatz, um die Organisationen von den konkurrierenden liberalen Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereinen auf der einen Seite und den christlichen Gewerkschaften auf der anderen Seite zu unterscheiden. Auch in Österreich wurden aus demselben Grund die sozialistischen Organisationen als freie Gewerkschaften bezeichnet. Nach Vorläufern entwickelten sich sozialistisch oder sozialdemokratisch orientierte Gewerkschaften seit den 1860er Jahren sowohl im Umfeld des eigentlich gewerkschaftsskeptischen Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV) wie auch der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP). Die beiden Richtungen vereinigten sich 1875. Einen tiefen Bruch, der die Entwicklung zurückwarf, bedeutete das Sozialistengesetz von 1878. Bereits während der Geltungsdauer des Gesetzes fand ein Neuaufbau statt. Aber erst nach der Aufhebung 1890 konnten sich die Freien Gewerkschaften zu einer Massenorganisation entwickeln. Die bisherigen Einzelorganisationen schlossen sich 1890 zur Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands zusammen. Die freien Gewerkschaften entwickelten sich zur mitgliederstärksten Gewerkschaftsrichtung. Innerhalb der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung bildeten sie eine Basis für einen reformerischen Flügel. Die Gewerkschaften setzten 1906 gegenüber der SPD die Gleichberechtigung von Partei und Gewerkschaften durch. Während des ersten Weltkrieges unterstützten sie die Burgfriedenspolitik der Regierung. Mit dem Hilfsdienstgesetz wurden die Gewerkschaften als berufene Interessenvertreter der Arbeiter staatlich anerkannt. Kurz nach dem Beginn der Novemberrevolution vereinbarten sie mit den Arbeitgebern das Stinnes-Legien-Abkommen, dass ihnen auch die Anerkennung der Arbeitgeber als Verhandlungspartner einbrachte. Zu Beginn der Weimarer Republik wurde die Organisation der freien Gewerkschaften in Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund umbenannt. Hatte die Generalkommission vor dem Ersten Weltkrieg noch die (wenigen) sozialdemokratisch orientierten Angestellten mitorganisiert, kam es 1920 zur Gründung des Allgemeinen freien Angestelltenbundes (AfA-Bund). Im Jahr 1924 kam es zur Gründung des Allgemeinen deutschen Beamtenbundes (ADB). Sowohl diese Organisation der Beamten wie auch der AfA-Bund waren lose mit dem ADGB verbunden. Man sprach zeitgenössisch vom „Drei-Säulen-Modell“ der Arbeitnehmerbewegung. Den Höhepunkt ihrer Bedeutung erreichten die freien Gewerkschaften in den frühen 1920er Jahren. In dieser Zeit erreichten sie ihre höchsten Mitgliederzahlen. Der Generalstreik der Gewerkschaften trug entscheidend zur Niederschlagung des Kapp-Putsches bei. Während der Inflationszeit geriet die Organisation in eine tiefe Krise. Nach einer Phase der Erholung war mit der Weltwirtschaftskrise erneut eine Schwächung der freien Gewerkschaften verbunden. In der ersten Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft bemühten sich die Führer der freien Gewerkschaften um ein Fortbestehen der Organisation und passten sich dem neuen Regime an. Dies verhinderte nicht, dass die freien Gewerkschaften unmittelbar nach dem „Tag der nationalen Arbeit“ (Erster Mai) 1933 zerschlagen wurden. (de)
  • Als freie Gewerkschaften bezeichnet man in Deutschland die sozialistisch orientierte Gewerkschaftsorganisation des 19. und 20. Jahrhunderts. Der Begriff „frei“ ist ein im Laufe der Zeit aufgekommener Zusatz, um die Organisationen von den konkurrierenden liberalen Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereinen auf der einen Seite und den christlichen Gewerkschaften auf der anderen Seite zu unterscheiden. Auch in Österreich wurden aus demselben Grund die sozialistischen Organisationen als freie Gewerkschaften bezeichnet. Nach Vorläufern entwickelten sich sozialistisch oder sozialdemokratisch orientierte Gewerkschaften seit den 1860er Jahren sowohl im Umfeld des eigentlich gewerkschaftsskeptischen Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV) wie auch der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP). Die beiden Richtungen vereinigten sich 1875. Einen tiefen Bruch, der die Entwicklung zurückwarf, bedeutete das Sozialistengesetz von 1878. Bereits während der Geltungsdauer des Gesetzes fand ein Neuaufbau statt. Aber erst nach der Aufhebung 1890 konnten sich die Freien Gewerkschaften zu einer Massenorganisation entwickeln. Die bisherigen Einzelorganisationen schlossen sich 1890 zur Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands zusammen. Die freien Gewerkschaften entwickelten sich zur mitgliederstärksten Gewerkschaftsrichtung. Innerhalb der sozialdemokratischen Arbeiterbewegung bildeten sie eine Basis für einen reformerischen Flügel. Die Gewerkschaften setzten 1906 gegenüber der SPD die Gleichberechtigung von Partei und Gewerkschaften durch. Während des ersten Weltkrieges unterstützten sie die Burgfriedenspolitik der Regierung. Mit dem Hilfsdienstgesetz wurden die Gewerkschaften als berufene Interessenvertreter der Arbeiter staatlich anerkannt. Kurz nach dem Beginn der Novemberrevolution vereinbarten sie mit den Arbeitgebern das Stinnes-Legien-Abkommen, dass ihnen auch die Anerkennung der Arbeitgeber als Verhandlungspartner einbrachte. Zu Beginn der Weimarer Republik wurde die Organisation der freien Gewerkschaften in Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund umbenannt. Hatte die Generalkommission vor dem Ersten Weltkrieg noch die (wenigen) sozialdemokratisch orientierten Angestellten mitorganisiert, kam es 1920 zur Gründung des Allgemeinen freien Angestelltenbundes (AfA-Bund). Im Jahr 1924 kam es zur Gründung des Allgemeinen deutschen Beamtenbundes (ADB). Sowohl diese Organisation der Beamten wie auch der AfA-Bund waren lose mit dem ADGB verbunden. Man sprach zeitgenössisch vom „Drei-Säulen-Modell“ der Arbeitnehmerbewegung. Den Höhepunkt ihrer Bedeutung erreichten die freien Gewerkschaften in den frühen 1920er Jahren. In dieser Zeit erreichten sie ihre höchsten Mitgliederzahlen. Der Generalstreik der Gewerkschaften trug entscheidend zur Niederschlagung des Kapp-Putsches bei. Während der Inflationszeit geriet die Organisation in eine tiefe Krise. Nach einer Phase der Erholung war mit der Weltwirtschaftskrise erneut eine Schwächung der freien Gewerkschaften verbunden. In der ersten Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft bemühten sich die Führer der freien Gewerkschaften um ein Fortbestehen der Organisation und passten sich dem neuen Regime an. Dies verhinderte nicht, dass die freien Gewerkschaften unmittelbar nach dem „Tag der nationalen Arbeit“ (Erster Mai) 1933 zerschlagen wurden. (de)
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  • Als freie Gewerkschaften bezeichnet man in Deutschland die sozialistisch orientierte Gewerkschaftsorganisation des 19. und 20. Jahrhunderts. Der Begriff „frei“ ist ein im Laufe der Zeit aufgekommener Zusatz, um die Organisationen von den konkurrierenden liberalen Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereinen auf der einen Seite und den christlichen Gewerkschaften auf der anderen Seite zu unterscheiden. Auch in Österreich wurden aus demselben Grund die sozialistischen Organisationen als freie Gewerkschaften bezeichnet. (de)
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  • Freie Gewerkschaften (Deutschland) (de)
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