Aktivismus und Negativismus sind Begriffe, die die Politik der Sudetendeutschen während der Ersten Tschechoslowakischen Republik beschreiben. Nach dem Zerfall Österreich-Ungarns und der Gründung der Tschechoslowakei im Oktober 1918 lebten in deren Grenzen etwa 3,5 Millionen Bürger deutscher Abstammung, die meisten davon in Böhmen und Mähren („Sudetendeutsche“). Sie lehnten den neuen Staat mehrheitlich ab, zumal der Versuch, die überwiegend deutsch besiedelten Grenzgebiete abzutrennen und dem Deutschen Reich bzw. Deutsch-Österreich anzugliedern, im Dezember 1918 von bewaffneten tschechischen Verbänden gewaltsam unterbunden worden war.

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  • Aktivismus und Negativismus sind Begriffe, die die Politik der Sudetendeutschen während der Ersten Tschechoslowakischen Republik beschreiben. Nach dem Zerfall Österreich-Ungarns und der Gründung der Tschechoslowakei im Oktober 1918 lebten in deren Grenzen etwa 3,5 Millionen Bürger deutscher Abstammung, die meisten davon in Böhmen und Mähren („Sudetendeutsche“). Sie lehnten den neuen Staat mehrheitlich ab, zumal der Versuch, die überwiegend deutsch besiedelten Grenzgebiete abzutrennen und dem Deutschen Reich bzw. Deutsch-Österreich anzugliedern, im Dezember 1918 von bewaffneten tschechischen Verbänden gewaltsam unterbunden worden war. Nachdem die im Prager Parlament vertretenen deutschen Parteien ab 1920 zunächst versuchten, einheitlich der tschechischen und slowakischen Mehrheit gegenüberzutreten und einen “Parlamentarischen Verband” bildeten, kam es bald zu Meinungsverschiedenheiten über das weitere Vorgehen, so dass sich der Parlamentarische Verband schon 1922 auflöste. In dieser Zeit kam die Bezeichnung Aktivismus auf, die die Absicht darstellte, durch Zusammenarbeit mit den tschechischen und slowakischen Parteien und durch Verantwortungsübernahme in der Regierung die Situation der Sudetendeutschen zu verbessern. Die Motivation für dieses Vorgehen war vielschichtig; zunächst war die einfache Akzeptanz der politischen Gegebenheiten vordergründig. Später – nach der Machtübernahme Hitlers in Deutschland – spielte insbesondere für die Sozialdemokraten (DSAP) das Ziel der Stärkung der tschechoslowakischen Demokratie und die Ablehnung der Diktatur in Deutschland eine Rolle. Der Gegenbegriff Negativismus wurde von Rudolf Lodgman von Auen im November 1922 eingeführt. Damit wurde die grundsätzliche Ablehnung des tschechoslowakischen Staates und einer aktiven Mitarbeit an ihm dokumentiert. Eine eindeutige Zuordnung von Aktivismus und Negativismus zu bestimmten politischen Parteien ist oft nicht möglich. So verhielten sich alle deutschen Parteien – auch die Sozialdemokraten – unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg überwiegend „negativistisch“. 1926 traten der Bund der Landwirte und die Deutsche Christlich-Soziale Volkspartei in die Regierung ein, wogegen sich damals noch die Sozialdemokraten aussprachen. Diese schwenkten 1929 endgültig auf einen aktivistischen Kurs und beteiligten sich von da bis 1938 an der tschechoslowakischen Regierung. Nahezu durchgängig negativistisch verhielten sich die Deutsche Nationalpartei (DNP) und die Deutsche Nationalsozialistische Arbeiterpartei (DNSAP). Die 1933 gegründete Sudetendeutsche Heimatfront (später Sudetendeutsche Partei) unter Konrad Henlein orientierte sich in den ersten Jahren ihrer Existenz zumindest programmatisch am Aktivismus, bevor sie zum Wegbereiter des Anschlusses der Sudetengebiete an das Deutsche Reich wurde. (de)
  • Aktivismus und Negativismus sind Begriffe, die die Politik der Sudetendeutschen während der Ersten Tschechoslowakischen Republik beschreiben. Nach dem Zerfall Österreich-Ungarns und der Gründung der Tschechoslowakei im Oktober 1918 lebten in deren Grenzen etwa 3,5 Millionen Bürger deutscher Abstammung, die meisten davon in Böhmen und Mähren („Sudetendeutsche“). Sie lehnten den neuen Staat mehrheitlich ab, zumal der Versuch, die überwiegend deutsch besiedelten Grenzgebiete abzutrennen und dem Deutschen Reich bzw. Deutsch-Österreich anzugliedern, im Dezember 1918 von bewaffneten tschechischen Verbänden gewaltsam unterbunden worden war. Nachdem die im Prager Parlament vertretenen deutschen Parteien ab 1920 zunächst versuchten, einheitlich der tschechischen und slowakischen Mehrheit gegenüberzutreten und einen “Parlamentarischen Verband” bildeten, kam es bald zu Meinungsverschiedenheiten über das weitere Vorgehen, so dass sich der Parlamentarische Verband schon 1922 auflöste. In dieser Zeit kam die Bezeichnung Aktivismus auf, die die Absicht darstellte, durch Zusammenarbeit mit den tschechischen und slowakischen Parteien und durch Verantwortungsübernahme in der Regierung die Situation der Sudetendeutschen zu verbessern. Die Motivation für dieses Vorgehen war vielschichtig; zunächst war die einfache Akzeptanz der politischen Gegebenheiten vordergründig. Später – nach der Machtübernahme Hitlers in Deutschland – spielte insbesondere für die Sozialdemokraten (DSAP) das Ziel der Stärkung der tschechoslowakischen Demokratie und die Ablehnung der Diktatur in Deutschland eine Rolle. Der Gegenbegriff Negativismus wurde von Rudolf Lodgman von Auen im November 1922 eingeführt. Damit wurde die grundsätzliche Ablehnung des tschechoslowakischen Staates und einer aktiven Mitarbeit an ihm dokumentiert. Eine eindeutige Zuordnung von Aktivismus und Negativismus zu bestimmten politischen Parteien ist oft nicht möglich. So verhielten sich alle deutschen Parteien – auch die Sozialdemokraten – unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg überwiegend „negativistisch“. 1926 traten der Bund der Landwirte und die Deutsche Christlich-Soziale Volkspartei in die Regierung ein, wogegen sich damals noch die Sozialdemokraten aussprachen. Diese schwenkten 1929 endgültig auf einen aktivistischen Kurs und beteiligten sich von da bis 1938 an der tschechoslowakischen Regierung. Nahezu durchgängig negativistisch verhielten sich die Deutsche Nationalpartei (DNP) und die Deutsche Nationalsozialistische Arbeiterpartei (DNSAP). Die 1933 gegründete Sudetendeutsche Heimatfront (später Sudetendeutsche Partei) unter Konrad Henlein orientierte sich in den ersten Jahren ihrer Existenz zumindest programmatisch am Aktivismus, bevor sie zum Wegbereiter des Anschlusses der Sudetengebiete an das Deutsche Reich wurde. (de)
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  • Aktivismus und Negativismus sind Begriffe, die die Politik der Sudetendeutschen während der Ersten Tschechoslowakischen Republik beschreiben. Nach dem Zerfall Österreich-Ungarns und der Gründung der Tschechoslowakei im Oktober 1918 lebten in deren Grenzen etwa 3,5 Millionen Bürger deutscher Abstammung, die meisten davon in Böhmen und Mähren („Sudetendeutsche“). Sie lehnten den neuen Staat mehrheitlich ab, zumal der Versuch, die überwiegend deutsch besiedelten Grenzgebiete abzutrennen und dem Deutschen Reich bzw. Deutsch-Österreich anzugliedern, im Dezember 1918 von bewaffneten tschechischen Verbänden gewaltsam unterbunden worden war. (de)
  • Aktivismus und Negativismus sind Begriffe, die die Politik der Sudetendeutschen während der Ersten Tschechoslowakischen Republik beschreiben. Nach dem Zerfall Österreich-Ungarns und der Gründung der Tschechoslowakei im Oktober 1918 lebten in deren Grenzen etwa 3,5 Millionen Bürger deutscher Abstammung, die meisten davon in Böhmen und Mähren („Sudetendeutsche“). Sie lehnten den neuen Staat mehrheitlich ab, zumal der Versuch, die überwiegend deutsch besiedelten Grenzgebiete abzutrennen und dem Deutschen Reich bzw. Deutsch-Österreich anzugliedern, im Dezember 1918 von bewaffneten tschechischen Verbänden gewaltsam unterbunden worden war. (de)
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  • Aktivismus und Negativismus (de)
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