Eine Dekretale ist eine seit dem 4. Jahrhundert in Urkundenform (epistula decretalis oder litterae decretales) veröffentlichte Antwort des Papstes auf eine Rechtsanfrage oder eine Entscheidung im Rahmen der päpstlichen Jurisdiktionsgewalt, die in kirchenrechtliche Sammlungen aufgenommen und dadurch als allgemeine Norm rezipiert wurde. Vom 12. bis zum 14. Jahrhundert sind Dekretalen die Hauptquelle für die Entwicklung des kanonischen Rechts.

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  • Eine Dekretale ist eine seit dem 4. Jahrhundert in Urkundenform (epistula decretalis oder litterae decretales) veröffentlichte Antwort des Papstes auf eine Rechtsanfrage oder eine Entscheidung im Rahmen der päpstlichen Jurisdiktionsgewalt, die in kirchenrechtliche Sammlungen aufgenommen und dadurch als allgemeine Norm rezipiert wurde. Vom 12. bis zum 14. Jahrhundert sind Dekretalen die Hauptquelle für die Entwicklung des kanonischen Rechts. Im Mittelalter gab es jahrhundertelang kein einheitlich kodifiziertes kirchliches Rechtsbuch; daher beruhten Beschlüsse auf den Entscheidungen von Konzilen oder auf Einzelentscheidungen von Päpsten und Bischöfen, was zu uneinheitlichen und sich teilweise widersprechenden Entscheidungen führte. Diese Widersprüche sollten in der Folge mit weiteren päpstlichen Dekretalen aufgelöst werden. Um die rechtliche Entwicklung zu dokumentieren, begann man mit der Anlage privater Rechtssammlungen. Die wichtigste und erfolgreichste derartige Rechtssammlung ist das um 1140 angefertigte sog. Decretum Gratiani. Im 13. Jahrhundert fanden Rechtssammlungen weitere Verbreitung: Zwischen 1191 und 1226 entstanden fünf sogenannte compilationes, die als Quinque Compilationes Antiquae bezeichnet werden. Der Kanonist Tankred fertigte auf Veranlassung von Papst Lucius III. die 1226 veröffentlichte Compilatio quinta an. Ihre Ordnung in fünf Bücher lieferte das Beispiel für alle spätere Sammlungen. Als weitere Sammlungen sind zu nennen die von den Zeitgenossen so genannten Decretales Gregorii IX, die Dekretalen des Papstes Gregor IX. von 1234, auch Liber Extra genannt, und der Liber Sextus des Papstes Bonifaz VIII. von 1298. Die beiden sehr umfangreichen Sammlungen beanspruchten exklusive Gültigkeit: ältere, nicht darin aufgenommene Dekretalen verloren ihre Rechtskraft. Der Liber Extra und der Liber Sextus wurden durch weitere Dekretalen abgerundet, namentlich die Clementinen von Clemens V. (1317) und die Extravagantes von Johannes XXII. (1325–1327). Bekannte Dekretalen im Mittelalter waren z.B. die pseudoisidorischen Dekretalen, die Dekretale Venerabilem und die Dekretale Vergentis in senium (1199), die große Bedeutung für die Entwicklung der Inquisition im Mittelalter hatte. Päpstliche Dekretalen gibt es zu fast allen rechtlichen Bereichen.Die Erforschung der mittelalterlichen Dekretalen wird besonders unterstützt vom Stephan-Kuttner-Institute of Medieval Canon Law an der Universität München. (de)
  • Eine Dekretale ist eine seit dem 4. Jahrhundert in Urkundenform (epistula decretalis oder litterae decretales) veröffentlichte Antwort des Papstes auf eine Rechtsanfrage oder eine Entscheidung im Rahmen der päpstlichen Jurisdiktionsgewalt, die in kirchenrechtliche Sammlungen aufgenommen und dadurch als allgemeine Norm rezipiert wurde. Vom 12. bis zum 14. Jahrhundert sind Dekretalen die Hauptquelle für die Entwicklung des kanonischen Rechts. Im Mittelalter gab es jahrhundertelang kein einheitlich kodifiziertes kirchliches Rechtsbuch; daher beruhten Beschlüsse auf den Entscheidungen von Konzilen oder auf Einzelentscheidungen von Päpsten und Bischöfen, was zu uneinheitlichen und sich teilweise widersprechenden Entscheidungen führte. Diese Widersprüche sollten in der Folge mit weiteren päpstlichen Dekretalen aufgelöst werden. Um die rechtliche Entwicklung zu dokumentieren, begann man mit der Anlage privater Rechtssammlungen. Die wichtigste und erfolgreichste derartige Rechtssammlung ist das um 1140 angefertigte sog. Decretum Gratiani. Im 13. Jahrhundert fanden Rechtssammlungen weitere Verbreitung: Zwischen 1191 und 1226 entstanden fünf sogenannte compilationes, die als Quinque Compilationes Antiquae bezeichnet werden. Der Kanonist Tankred fertigte auf Veranlassung von Papst Lucius III. die 1226 veröffentlichte Compilatio quinta an. Ihre Ordnung in fünf Bücher lieferte das Beispiel für alle spätere Sammlungen. Als weitere Sammlungen sind zu nennen die von den Zeitgenossen so genannten Decretales Gregorii IX, die Dekretalen des Papstes Gregor IX. von 1234, auch Liber Extra genannt, und der Liber Sextus des Papstes Bonifaz VIII. von 1298. Die beiden sehr umfangreichen Sammlungen beanspruchten exklusive Gültigkeit: ältere, nicht darin aufgenommene Dekretalen verloren ihre Rechtskraft. Der Liber Extra und der Liber Sextus wurden durch weitere Dekretalen abgerundet, namentlich die Clementinen von Clemens V. (1317) und die Extravagantes von Johannes XXII. (1325–1327). Bekannte Dekretalen im Mittelalter waren z.B. die pseudoisidorischen Dekretalen, die Dekretale Venerabilem und die Dekretale Vergentis in senium (1199), die große Bedeutung für die Entwicklung der Inquisition im Mittelalter hatte. Päpstliche Dekretalen gibt es zu fast allen rechtlichen Bereichen.Die Erforschung der mittelalterlichen Dekretalen wird besonders unterstützt vom Stephan-Kuttner-Institute of Medieval Canon Law an der Universität München. (de)
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  • Eine Dekretale ist eine seit dem 4. Jahrhundert in Urkundenform (epistula decretalis oder litterae decretales) veröffentlichte Antwort des Papstes auf eine Rechtsanfrage oder eine Entscheidung im Rahmen der päpstlichen Jurisdiktionsgewalt, die in kirchenrechtliche Sammlungen aufgenommen und dadurch als allgemeine Norm rezipiert wurde. Vom 12. bis zum 14. Jahrhundert sind Dekretalen die Hauptquelle für die Entwicklung des kanonischen Rechts. (de)
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